Mallorca – Ein Hoch der Kunst und dem Wein
“Wer genießen kann, trinkt keinen Wein mehr, sondern kostet Geheimnisse”, sagte Salvador Dalí. Wir wollen den Meister in seiner Meinung nicht korrigieren, sondern ergänzen: “Verborgene Schätze und ein guter Tropfen müssen sich keineswegs ausschließen.”
Mit Überschriften sollte man stets überlegt umgehen, lautet ein ungeschriebenes Gesetz im Journalismus. Ich habe bei diesem Titel lange gezögert. Könnte es eventuell sein, dass dieser als Aufruf zu ungehemmten Trinkgelagen gedeutet werden könnte?
Schließlich siegte die Erkenntnis, dass aufgefasste Doppeldeutigkeit und der Hang zum Missverstehen stets im Gedankengang des Einzelnen zu suchen sind und keinesfalls ein gesellschaftliches Problem darstellen. Wer möchte, kann sich also aufregen. Ich bin mir aber sicher: Der Kenner genießt, lächelt und schweigt.
Genuss hat viele Facetten
Tatsächlich geht es auf den folgenden Seiten um jede Menge Genuss. Dazu haben wir versucht, zwei geschmackvolle Themen miteinander zu verbinden: Wein und Kunst. Beide spielen auf Mallorca eine wichtige Rolle. In den meisten Fällen begeistern Sie unabhängig voneinander. Dann gibt es Momente, in denen sie sich auf raffinierte Weise überschneiden.
Blick in die Geschichte
Eine subtile und geradezu meisterliche Verbindung von Kunst und Wein hat die Insel vielen Völkern zu verdanken. Man könnte sagen, Mallorcas Weinbau ist eine Cuvée verschiedenster Einflüsse.
Es begann mit den Karthagern, die bereits vor 2.500 Jahren erste Reben anpflanzten. Die Römer führten, nach ihrer Besetzung im zweiten Jahrhundert vor Christus, den Weinbau fort. Im Jahre 123 v. Chr. berichtete Plinius der Ältere von den ausgezeichneten Tropfen Mallorcas, die mit den Weinen Italiens, nach seiner Meinung, mithalten konnten.
Ab 902 besetzten die Araber die Insel. Wer nun glaubt, die Vorgaben des Korans setzten dem Weinbau auf Mallorca damit ein Ende, irrt gewaltig.
Mekka war schließlich weit entfernt. Zumindest so weit, dass der Maure Ben Abet etwas später zu einem regelrechten Weinhändler wurde. Zu diesem neuen Wirtschaftszweig brachte ihn wiederum König Jaume I.. Ben Abet hatte ihn nämlich bei der Rückeroberung im Jahre 1229 tatkräftig unterstützt. Als Dank schenkte Jaume ihm das Landgut Alfabia. Und was gedeihte dort in bester Qualität? Richtig, Wein.
Dieser erste, kleine Ausflug in die Frühgeschichte des mallorquinischen Weinbaus fühlt sich an wie ein leichter und spritziger Weißwein. Tatsächlich steckte harte Arbeit im Sinne eines schweren, barriquegereiften Roten dahinter, um die süffige Metapher fortzusetzen.
Mallorca bot alles andere als eine einladende Landwirtschaft. Der Boden war karg, das Wasser nicht überall in ausreichendem Maße vorhanden. Es bedurfte also einiger ausgeklügelter Planungen und findiger Ideen, um aus dem vorhandenen Terroir tatsächlich trinkbare Weine hervorzubringen. Stumme Zeugen dieser Kunst findet man noch heute an der Nordwestküste der Insel, vor allem in Banyalbufar.
Kunstvolle Terrassen
Banyalbufar besitzt als Dorf zwischen den steilen Ausläufern der Serra de Tramuntana und dem Meer eine Besonderheit: Malerische Steinterrassen schmiegen sich wie gigantische Stufen an die abfallenden Hänge. Geschaffen wurden sie von den Mauren. Sie erkannten sehr früh, dass die unwirtliche Küstenregion mit ihren vielfältigen, klimatischen Verhältnissen landwirtschaftlich dankbare Vorteile bot.
Zum einen gab es die Sonne, zum anderen das Meer mit Wind und Luftfeuchtigkeit. Schließlich und ganz wichtig hielten die Berge jede Menge Wasser in Form von Quellen und Niederschlägen bereit. Das Problem: Wasser zieht es unaufhaltsam ins Tal.
Durch den Bau von Steinterrassen schafften die Mauren gleich zwei Vorteile: Sie schufen neue Ackerflächen und sorgten dafür, dass das Wasser aus den Bergen nicht mehr ungehindert ins Tal floss, sondern aufgehalten und fortan nutzbar war. Die Steinterrassen stellen eine echte Kunst dar.
Erobertes Wissen
Die maurische Kunst ist ohnehin legendär. Nun muss man zugeben, dass nicht alles der eigenen Kreativität zu verdanken war. Die Mauren waren gern und häufig auf Beutezügen unterwegs.
Auf diesen gingen sie offenen Auges durch die eroberten Städte und Regionen und schauten sich einiges ab: Kuppeln, Säulen, aber auch Innenhöfe wurden in ihrer Bauweise kopiert und dem eigenen Stil angepasst. Mehr noch: Sie wurden zu echten Meisterwerken weiterentwickelt.
Dieses umfangreiche Wissen über die Anlage und Statik von Bauwerken kam den maurischen Besatzern bei der Konstruktion der Steinterrassen sehr zugute. So entstand nach und nach eine bauliche Kunstform für den Wein. Doch damit nicht genug.
Den Mauren wurde schnell klar, dass nicht jeder bekannte Wein für den Anbau in der vom salzigen Meer geprägten Gegend geeignet war. Es bedurfte einer bestimmten Sorte.
Man entschied sich für Malvasia. Häufig wird die Rebsorte gänzlich auf die Mauren zurückgeführt, was nicht richtig ist. Malvasia besitzt einen griechischen Ursprung und war bereits im Mittelmeerraum bekannt als die Mauren Mallorca erreichten.
Zu verdanken ist dem afrikanischen Volk aber wenigstens die Idee, Malvasia auch auf der Insel einzuführen – mit teils kunstvollen Handgriffen und Tricks.
Weinselige Kunstwelten
Kunst und Wein prägt heute eine andere Verbindung. Aus architektonischen Leistungen wurden mehr und mehr kreative Ideen. Wein und Kunst passen hervorragend zusammen, denn beide verbindet Genuss und der Geschmack an ausgesuchten Werken. Nicht umsonst wird auch beim Weinanbau nicht selten von Kunst gesprochen. Winzer sorgen für geschmackvolle Entwicklungen und manch‘ unerwartete Überraschung.
Im schönsten Fall genießt man zu einem guten Tropfen besondere Werke künstlerischen Schaffens. Wir laden Sie ein auf eine Entdeckungsreise durch ausgesuchte Bodegas der Insel.
Manchmal bekommt das schon bestehende Kunstwerk Wein übrigens eine nochmalige, künstlerische Aufwertung. Dafür sorgte vor einigen Jahren Künstler Gustavo, gemeinsam mit dem bekannten mallorquinischen Unternehmen Maciá Batle.