Da braut sich was zusammen
Lassen Sie uns ein paar Tage nach den Wahlen nochmals über Prozente sprechen. Allerdings hat das Thema, entgegen manch politischer Inhalte, etwas mehr mit Geschmack zu tun. Es geht vor allem um Bier, aber auch um andere, flüssige Genussmittel Mallorcas. Die erleben derzeit einen wahren Boom.
Guillermo Tamagni gilt als Vater der selbsthergestellten Biere auf Mallorca. Cerveza artesana nennt man hier die Herstellung von Gerstensaft abseits der industriellen Massenproduktion. Im Jahre 2011 begann der gebürtige Argentinier als privater Braumeister. Damals noch als Freizeitbeschäftigung – Guillermo ist gelernter Installateur für Alarmanlagen – in einem kleinen, mit hellem abgeklebten Ladenlokal in Selva. Doch schon damals plante Guillermo Großes. Das konnte man sowohl am Namen seines Bieres als auch an den von Anfang an liebevoll gestalteten Etiketten erkennen. Cerveza Tramuntana nannte er seine Kreation.
Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Besuch bei Guillermo: Auf dem Boden standen Eimer mit bestem Hopfen, Malz und Hefe, auf zwei Tischen befanden sich ein großer Gärtopf, Läuterbottich und Maischeeimer. Auf einem Ständer trockneten kleine, braune Flaschen, die darauf warteten, befüllt zu werden. Die Zeiten des kleinen Ladens sind inzwischen vorbei. Heute besitzt Guillermo, als hauptberuflicher Bierbrauer, eine Produktionshalle im Gewerbegebiet Son Castelló bei Palma. Dort arbeitet er gemeinsam mit seinem Bruder Pablo und stellt pro Monat zwischen 3.000 und 4.000 Liter Tramuntana-Bier her. Für Privatpersonen, beispielsweise bei Alcampo oder Eroski, aber auch ausgesuchte Restaurants auf der Insel.
Bier muss Persönlichkeit haben
Auf die Frage, wie er denn auf die Idee gekommen sei, sein eigenes Bier herzustellen, antwortete Guillermo damals überaus diplomatisch: Sicher liege es nicht daran, dass ihm andere Biere nicht schmecken würden. Nicht nur Spanien, auch Deutschland, Belgien oder die Niederlande hätten gute Biere. Aber es gebe eben einen Unterschied zwischen industrieller Massenproduktion und der tatsächlichen Handwerkskunst des Brauens. „Bier muss Persönlichkeit haben“, fügt Guillermo heute stolz hinzu.
Genau dieses Anliegen bringt immer mehr Kreative auf Mallorca zum selbsthergestellten Bier. Mittlerweile gibt es acht Privatbrauereien verschiedener Größe auf der Insel. Diese überzeugen nicht nur mit einfachem Pils, sondern üben sich auch mal in besonderen Geschmacksrichtungen und der Verwendung von für ein Bier überraschenden Zusätzen. Cerveza Tramuntana, zum Beispiel, bietet eine Auswahl von fünf Bieren: Rotja, Rossa, Viernes 13, Palma Porter und Mediterranea. Alle unterschieden sich im Alkoholgehalt, also der Stärke, sowie im Geschmack. Konservier- und Farbstoffe sucht man vergeblich, entsprechend kurz ist die Haltbarkeit des Bieres.
In der Höhle des Löwen
Eine private Brauerei im Zentrum des Weinanbaus? Auch das gibt es inzwischen auf Mallorca. Der Deutsche Thomas Zapp und sein Geschäftspartner Michelangelo Mazzoccola haben dieses Experiment gewagt. Ihre Produktionstätte für das Cerveza Nau befindet sich in einer Halle mitten in Santa Maria del Camí. Vor zwei Jahren fingen die beiden an, sich der Braukunst zu widmen. Auf einer kurzen Reise nach Toledo entdeckten sie die Faszination der Bierherstellung. Mit einer kleinen, aber professionellen Maschine arbeiteten sie ein Jahr, probierten, experimentierten und verfeinerten. „Wir fingen mit der Flaschengärung an“, erinnert sich Thomas Zapp. Allerdings sei dieses Verfahren recht kompliziert, denn man könne nur sehr schwer die Reifung kontrollieren.
Mit Hilfe eines Investors sowie zahlreicher Präsentationen und einer ganzen Menge Herzblut entwickelten die beiden das Produkt Cerveza Nau weiter. Heute besitzt die kleine aber feine Brauerei große Gärfässer, eine ebensolche Kühlkammer und eine moderne Abüllanlage. Jede freie Minute stecken Thomas Zapp und sein Kompagnon Michelangelo Mazzoccola, die beide in anderen Berufen tätig sind, in die Weiterentwicklung und Produktion ihres Gerstensaftes. Im vergangenen Monat waren sie mit dem Bier auf der Beer Palma vertreten und damit erstmalig in der Öffentlichkeit.
„Unser Bier wurde vom Publikum sehr gut angenommen“, freut sich Michelangelo. Das Bier besitze einen runden Hopfengeschmack, sei entsprechend mild und werde nach Pilsener Brauart hergestellt, erklärt er uns. Entsprechend gut passe es auch gut zu mallorquinischen Gerichten, wie Pan amb Oli, Frito mallorquín oder auch Sóller-Gambas.
Qualität statt Lokalpatriotismus
Wer beim Bier aus Mallorca allerdings lokale Inhalte erwartet, wird in fast allen Fällen enttäuscht. Das Malz wird beispielsweise häufig aus Deutschland importiert. Mallorca sei eben keine Insel, auf der hochwertiges Getreide wachse, sagt Thomas Zapp. Man müsse sich entscheiden, ob man auf Qualität achte, oder eher auf lokalen Charakter setzen wolle. Bedenken vor einer Überschwemmung des Marktes durch immer mehr und immer neue, private Bierbrauer haben Zapp und Mezzaccola nicht. Der Konsument werde entscheiden, sagen sie. Manche Biere würden sich durchsetzen, andere verschwinden. Wichtig sei, die einmal erreichte Qualität zu erhalten. Deshalb lautet auch die Devise der beiden: „Alles braucht seine Zeit“.
Gin aus Mallorca
Hochprozentig geht es auch in Llucmajor zu. Hier stellen Eva Maier Gómez und der Deutsche Stefan Winterling ihren Dry Gin "Gin Eva" her. Im Jahre 2011 gründeten sie ihre „Eva’s Distillery“. Der Gin ist nicht nur "made in Mallorca", in ihm findet man auch echte Inselprodukte, wie beispielsweise mallorquinischen Wacholder aus den Dünen von Es Trenc, einheimische Zitrusfrüchte und Kräuter, aber auch Koriander, Lavendel, Kardamon, etwas Hopfen und Engelwurz. Der Getreidebrand als alkoholisches Ausgangsprodukt kommt aus Barcelona. Der hochwertige Gin wird in einer traditionellen Brennblase aus Kupfer mazeriert und destilliert. Neben Gin stellt Eva’s Distillery auch kleine Mengen des „Vodka Felipe“ her.
Wer nun glaubt, der Name "Gin Eva" habe einen phonetischen Bezug zu „Genever“ oder sei ausschließlich Gattin Eva gewidmet, der irrt gewaltig. „Natürlich heißt auch meine Frau so“, erklärt Stefan Winterling. Aber mit dem Etikett und dem Namen habe man eine Hommage an Evas Großmutter Elvira Alsina geschaffen. „Für uns die Grand Dame des guten Geschmacks.“
Gestatten: Pep. Pep Lemon
Seit einem Jahr mischt ein neuer Limonadenhersteller die Getränkewelt der Insel auf. Sein Name: Pep Lemon. Der deutsche Christoph Hafner gründete das kleine Unternehmen, gemeinsam mit seiner Frau, einer Mallorquinerin. Die beiden stellten fest, dass auf Mallorca eine Überproduktion von Zitronen herrscht. Viele Früchte würden gar nicht mehr geerntet, fielen vom Bau und verfaulten, sagt Christoph Hafner. Hinzu kommt, dass viele Supermärkte nur noch optisch einwandfreie Zitronen verkaufen würden, in bestimmter Größe und ohne die kleinsten Fehler. Eine Genossenschaft auf der Insel entsorgt deshalb pro Jahr 32 Tonnen Zitronen. Es lag also nah, aus dem reichen Angebot bester Früchte etwas Neues zu machen. Eine gar erfrischende Idee war geboren.
Pep Lemon ist ein echtes mallorquinisches Produkt aus Zutaten der Insel. Doch das Getränk zeichnet noch etwas anderes aus. Christoph und seine Frau arbeiten bei der Herstellung des Konzentrats mit Behindertenwerkstätten zusammen. Die Limonade und die Cola gibt es in Glasflaschen. Auch das ist kein Zufall. "Wir arbeiten mit der letzten auf Mallorca existierenden, unabhängigen Abfüllanlage zusammen", sagt Christoph Hafner. Früher hatte fast jedes Dorf eigene Limonadenhersteller und -abfüller, die so genannten Sifonérs. Damals bekannte Marken, wie La Revoltosa, Bambam, Puig oder Mired gehören längst der Vergangenheit an.
Pep Lemon entwickelt sich hervorragend. Waren es im vergangenen Jahr 100.000 produzierte Flaschen, hofft Christoph Hafner, die Menge in diesem Jahr zu verdoppeln oder sogar zu verdreifachen. Natürlich ist das kleine Unternehmen auf die Unterstützung der Lokale angewiesen.
Rührig ist er jedenfalls, der Limohersteller. Gemeinsam mit dem Einzelhandelsverband Pimem gründete Pep Lemon im vergangenen Monat die Initiative “Produim aquí” (“Hier produziert”). Insgesamt 34 Unternehmen auf den Balearen fordern künftig eine stärkere Einbindung und Präsentation lokaler Produkte bei offiziellen Anlässen und in öffentlichen Einrichtungen. Dazu sollen sie aktiv angeboten werden. Inzwischen haben sich alle Parteien der Forderung angeschlossen. Zu den bisherigen Unterstützern zählen auch die mallorquinischen Produzenten Flor de Sal, Fet a Sóller und Cervesa Forastera.
Bier aus Mallorca
Beer Lovers
Alcúdia
Tel.: 678 399 058
www.beerloversmallorca.com
Cerveza Nau
Santa Maria del Camí
Tel.: 971 911 550
www.cervezanau.com
Cerveza Tramuntana
Palma de Mallorca
Tel.: 971 875 2 15
www.cervezatramuntana.com
Des Pla
Algaida
Tel.: 636 410 601
www.cervesadespla.com
Forastera
El Molinar
Tel.: 694 427 225
www.forastera.es
Cas Cerveser
Galilea
Tel.: 607 777 660
www.cascerveser.com
Sullerica
Sóller
Tel.: 629 669 912
www.sullerica.com
Talaiòtika
Porreres
Tel.: 971 728 983
www.talaiotika.blogspot.com.es