Der Klasse(n) Unterschied
Die Playa de Palma ist der Inbegriff für Tourismus auf Mallorca. Von hier aus entwickelte sich vor mittlerweile über 40 Jahren die wichtigste wirtschaftliche Kraft der Insel. Was genau hat sich bislang verändert? Und was sagen die Menschen vor Ort?
Es war ein ehrgeiziges Projekt, das die konservative Balearenregierung in der vergangenen Legislatur in Gang brachte. Die Playa de Palma sollte ein neues Gesicht bekommen. Weg vom gern vermittelten, medialen Schmuddelbild, hin zu einer gepflegten Urlauberregion mit Anspruch. „Reformen müssen her“, so lautete die Devise, für die vor allem der damalige Tourismusminister Álvaro Gijón stand. Er war es auch, der dafür sorgte, dass zunächst das erschreckende Wort „Benimmregeln“ plötzlich Einzug in die deutsche Presse hielt. Mittlerweile ist der „Benimm“ dort gelandet, wo er im Verständnis der meisten Touristen schon immer lebte: In einem verständisvollen Umgang miteinander. Nicht mehr und nicht weniger.
Benimmregeln und Polizeipräsenz verkaufen sich als Begriffe nunmal besser, als trockene Reformpläne. Wer allerdings aufmerksam entlang der Playa läuft, der versteht, wie interessant all das ist, was bislang an Reformen umgesetzt wurde. Es sind eben nicht nur Veränderungen im Stillen, hinter den Kulissen der vielen Hotels. Es ist ein greifbarer, objektiver Wandel zugunsten einer Urlauberregion, die vor zwei Jahren noch kurz davor stand, als ideenlose, touristische Massenabfertigung zu verkümmern.
Nischenmarkt Luxus?
Während in dritter Reihe Nahe des Pabisa Beach Clubs derzeit zwei neue Luxusherbergen entstehen, ist man in Höhe von Balneario 8 weiter. Hier eröffnete im Mai mit dem „Garonda“ das erste Fünf-Sterne-Hotel an der Playa de Palma. Eigentümer ist die Gruppe Mac-Hoteles, ein mallorquinisches Familienunternehmen. Und so begrüßt auch Unternehmenspräsident Miguel Amengual persönlich seine Gäste, gemeinsam mit seinem Sohn, der ebenfalls Miguel heißt. Tradition soll sich eben fortsetzen. Schließlich gibt es, neben einem Direktor, der nichts mit der Familie zu tun hat, auch noch zwei Amengual-Schwestern, die im Haus leitend tätig sind.
Das "Garonda" besteht seit 1974. Wie uns Amengual Senior erklärt, sei die wirtschaftliche Situation lange Zeit sehr schwierig gewesen. Schließlich habe man sich für die entsprechenden Refoirmen entschieden und aus dem Haus ein Fünf-Sterne-Hotel gemacht. Man setze auf einen Nischenmarkt, der in seinem Urlaub eine bessere Qualität verlange, sagt Miguel Amengual. Entsprechend besitzt das neue Luxus-Garonda neben mehr Zimmern, einer neuen Etage und zahlreichen Suiten auch eine Präsidenten-Suite, einen Wellness- und Spa-Bereich und ein exklusives Restaurtant. Das steht übrigens auch Nicht-Hotel-Gästen zur Verfügung.
Für jeden bezahlbar
Veränderungen seien an der Playa de Palma spürbar, sagt Amengual weiter. Und sie seien wichtig gewesen. Nur so konnte und kann die Playa de Palma weiter aufgewertet werden. All das trage zu einer besseren Urlaubsqualität bei. Nach und nach würden sich dadurch auch die umliegenden Geschäfte verändern, so die Einschätzung des Unternehmers. Ein höherwertiges Urlaubsangebot schaffe auch eine höherwertige Wirtschaftsstruktur in der Umgebung. Dennoch werde die Playa de Palma auch weiterhin für jeden bezahlbar bleiben.
Im Aufzug erklärt mir ein älteres Ehepaar – offenbar Stammgäste-, wie zufrieden es mit dem Hotel ist. Es könnte auch in dritter Reihe liegen, man würde immer wieder kommen. Hier zeigt sich zum ersten Mal, was Qualität für Urlauber bedeutet: Gastlichkeit und Herzlichkeit. Dass jetzt ausgerechnet fünf Sterne im Spiel sind, sei natürlich schön, aber nicht ausschlaggebend.
Arbeiten am Image
Die enge Bindung zwischen Gast und Hotel zeigt sich in den beiden allsun Hotels „Pillari“ und „Kontiki“. Auch diese beiden haben im Winter umfassende Reformen durchgeführt, Zimmer modernisiert, die Wellnessabteilung ausgebaut und neue Bereiche geschaffen. Zudem wurden die Häuser winterfest gemacht. Beide besitzen jetzt viereinhalb Sterne, mit Cristina Bestard und Silvia Peña zwei überaus junge und engagierte Direktorinnen, und sie können sich seit Jahren über ein treues Stammpublikum freuen. „Ich kann kein Image renovieren, ich kann nur stetig daran arbeiten, dass mein Image besser wird“, erklärt alltours-Manager Kurt Weber. Es gehe bei Reformen vor allem um Leistung und Service eines Hotels, so der Touristikexperte weiter. Natürlich folge daraus auch, dass man ein höherpreisiges Angebot auf den Markt werfen könne.
Drehen an der Hotelpreisschraube durch bessere Qualität. Doch was erträgt der Gast? Und was die Playa de Palma? – Kurt Weber widerspricht dieser einfachen Fragestellung und Logik. Eine bessere Leistung verlange nun einmal einen höheren Preis. Ob es sich deckt, sei stets eine Mischkalkulation. Klar sei, dass Mallorca nicht von drei Monaten Hochsaison leben könne. Deshalb lasse sich im Falle der Reformen auch nur schwer eine besondere Personengruppe ansprechen. Wirtschaftlich arbeiten könne ein Hotel nur dann, wenn es auch weiterhin auf Gruppen, Vereine und Familien setze sowie ausserhalb der Hochsaison bestimmte Kundenkreise, wie Radfahrer oder Golfspieler setze, so Weber. Ein gutes Produkt mache die Exklusivität aus.
Die Generationen wechseln
Was die Bereitschaft zu Reformen immer wieder vor Probleme stellt, ist der Generationswandel. Viele ältere Hoteliers haben Schwierigkeiten, dem neuen Trend und einem neuen Markt zu folgen. Deshalb sieht man an der Playa de Palma zischen den neu gestalteten Hotels immer wieder ältere Objekte aus längst vergangenen Tourismuszeiten. Der alltours-Manager nennt den Grund: Selbst der zweiten Generation der Hoteliers fehlten Ansporn und vor allem auch Kontakte, um strategische Entscheidungen in Gang zu bringen und ihr Produkt marktgerecht zu verkaufen, so Kurt Weber. Ohne einen Reiseveranstalter im Rücken sei dies kaum noch zu stemmen.
Hier zeigt sich ein weiterer Begleiteffekt der Reformen. Kleine und kleinere Hotels haben keine Chancen, mehr Qualität anzubieten, ohne sich touristischen Allianzen anzuschließen. Ihnen fehlt schlichtweg das Geld. Ein Beispiel ist das „Kontiki“. Im Gegensatz zum benachbarten „Pillari“ ist alltours hier Pächter, nicht Eigentümer. Die Umbauten wurden vom Veranstalter übernommen, entsprechend darf der mitbestimmen. „Wer die Musik bestellt, der bestimmt, was sie spielt.“ Das mag auf den ersten Blick traurig klingen, ist für die Playa de Palma und, nicht zuletzt, für die privaten Unternehmer aber eine echte Chance. Faire Absprachen stets vorausgesetzt.
Niemals Luxusgegend
Schäfer Heinrich, Stimmungssänger, bekannt aus „Bauer sucht Frau“:
„Für mich hat sich das Publikum nicht verändert. Und das ist auch gut so. Die Playa de Palma muss für alle etwas bieten, für Feierwütige genauso, wie für Familien und diejenigen, die etwas mehr Luxus wollen. Die Zone hat so viele Jahre unbeschadet als echte Touristenhochburg überstanden, da wird sich auch in Zukunft nichts dran ändern.“
Beatrice Ciccardini, Inhaberin des Lokals „Zur Krone“:
„Es hat sich auf jeden Fall etwas verändert. Am Strand ist längst nicht mehr so viel los in Sachen Eimersaufen, wie vor einigen Jahren. Vor allem gibt es keine Glasflaschen mehr, die ja stets eine Gefahr darstellten. Das alles ist aus meiner Sicht positiv. Man kann feiern, man kann lustig sein, nur muss man es nicht übertreiben. Schön ist auch, dass man kaum noch angepöbelt wird, wenn man am Strand entlang läuft. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass die Playa de Palma jemals zu einer Exklusivgegend wird.“
Gäste mit anderen Ansprüchen
Juan Ramon Pereiro, Leiter des Pabisa Beach Club:
„Wir haben in diesem Jahr unsererseits eine Veränderung durchgeführt, entsprechend kommen jetzt nicht mehr die typischen Biergäste, sondern eher ein Publikum, das gemütlich bei einem Cocktail chillen möchte. Dieser Wandel erfolgte jedoch nicht aufgrund äußerer Einflüsse, sondern, weil wir ein anderes Angebot präsentieren wollten. Eben für ein Publikum, dass es an der Playa de Palma abseits der Feten und Vereinsgruppen auch gibt und schon immer gegeben hat. Wie die künftige Entwicklung in der Gegend verläuft, lässt sich für mich schwer voraussagen. Gerade die deutschen Medien haben in der Vergangenheit viel Negatives angerichtet. Durch die neuen hochwertigen Hotels und das neue Einkaufszentrum werden zwar nicht nur Luxusgäste kommen, aber wir werden Gäste mit anderen Ansprüchen begrüßen dürfen.“