Mallorca auf dem Teller
Wer auf der Insel lebt oder hier Urlaub macht, der weiß mallorquinische Gaumenfreuden zu schätzen. Viele Lokale arbeiten nur oder fast ausschließlich mit Inselprodukten und präsentieren Mallorca mit Geschmack. Wir haben ein paar Tipps zusammengestellt.
In den Bergen, hoch über Alaró, liegen ein paar verschlafene Häuser. Kaum jemand ahnt, dass sich genau hier ein echter Traditionstempel mallorquinischer Gaumenfreuden befindet. „Es Verger“ ist bei vielen längst schon zu einem Begriff für urtümliche Kost und einfache Lebensfreude geworden. Hier stärkt sich der Wanderer auf halbem Weg zum Castell d’Alaró. Hier ist der serpentinen- und abgrundgestresste Autofahrer am Ziel seiner Reise. Das alles mag einfach klingen. Und letztlich ist es auch einfach, was in dem schnörkellosen Lokal, das eher an einen Abstellraum als ein Restaurant erinnert, auf die Teller kommt. Doch es schmeckt – und das ist schließlich die Hauptsache. Gleichwohl sollte man erwähnen, dass sich „Es Verger“ in den letzten Jahren stark verändert hat. Die kulinarische Ausflugsstätte mit den landwirtschaftlichen Geräten an den weiß gekalkten Wänden hat sich herumgesprochen. Und mit dem Ausbau des einst holprigen Pfades, der die Stoßdämpfer der Fahrzeuge, die sich ächzend den Berg hinaufbemühten, auf eine wahrlich harte Probe stellte, kamen auch mehr Gäste. Diese verdrängten nach und nach die Ziegen, die sich früher von Zeit zu Zeit im Lokal verirrten und diesem einen mehr als bodenständigen Charakter verliehen. Auch preislich hat man sich gewandelt. Doch „Es Verger“ behält auch weiterhin seinen Kultstatus. Als Traditionslokal mit Hausmannskost, Dosenbier und einem spektakulären Ausblick.
Wenn wir gerade beim Thema Ausblicke sind, sollte auch ein anderes, typisch mallorquinisches Restaurant nicht unerwähnt bleiben. Sein Name: „Mirador de la Victoria“. Die Anfahrt ist weitaus angenehmer, als in die Berge von Alaró, dennoch mit einigen Kurven gespickt. Gleichwohl liegt das Lokal rund 200 Meter oberhalb der Küste auf der Halbinsel Victoria mehr als traumhaft. Nicht nur die Aussicht lockt, obwohl diese einer der Hauptgründe ist, warum viele Gäste den Platz auf der großen Terrasse in der ersten Reihe rechtzeitig reservieren. Beim Essen bietet sich ein herrlicher Blick über die Bucht von Pollença und den Sonnenuntergang über den Bergen. Zu späterer Stunde sollte man also der Bitte der Nachbarn aus der zweiten Reihe nach einem kurzen Foto über den Tisch in Richtung Himmelssektakel freundlich nachkommen. Die Küche präsentiert solide und schmackhafte Inselkost aus lokalen Produkten, das Personal ist freundlich und die Paellas sind köstlich. Überhaupt gibt es all das, was das mallorquinische Gastroherz liebt: Lomo con Cól, Gambas aus Sóller, Frito, Seeteufel oder Langostinos. Auf dem großen Parkplatz findet jeder ein Fleckchen. Und der kleine Fußmarsch bis zum Restaurant, vorbei an der alten Kapelle mit dem Landhotel in der ersten Etage, dient nicht nur der Vorfreude und später der angenehmen Verdauung.
Gute Restaurants mit mallorquinischer Küche aus lokalen Produkten findet man nicht nur an den Küsten. Im „Es 4Vents“ in Algaida weht seit vielen Jahren ein angenehmer Wind aus Geschmack und Tradition. Viele bezeichnen das Restaurant als einen „Mallorquiner zum Weitersagen“. Allerdings bekommt man besonders am Wochenende den Eindruck, als wisse mittlerweile jeder Bescheid. Hier sind vor allem Mallorquiner in ihrem kulinarischen Element. Es wird geschlemmt, was auf die Teller kommt. Und das ist reichhaltig und exzellent, inseltypisch und deftig. Vor allem Abends legt sich rund um das Lokal eine wahre Duftwolke aus gegrillten Fleisch- und Fischspezialitäten. Das hat manch geplanten Durchgangsverkehr schon zu einem spontanen Stopp genötigt. Dunkle, lackierte Pinie, viele Fotos mit Inselimpressionen an den Wänden und eine Geräuschkulisse, die auf echte Lebensfreude hindeutet, das alles macht „Es 4Vents“ aus. Einziges Manko: Die Preise. Man weiß, dass man gut ist und kalkuliert entsprechend großzügig. Aber wenn’s halt schmeckt?
In der nördlichen Inselmitte sollten Sie einen Besuch im „Celler Can Amer“ von Inca planen. Die Lederstadt ist bekannt für ihre zahlreichen Kellerlokale, die man an den vor der Tür stehenden Weinfässern erkennt. Die Beerenauslese reift nicht nur in diesen, sie kommt auch begleitend zum Essen oder als Schoppen in gemütlicher Runde auf den Tisch. Die Speisen aus der fachlichen Hand von Tomeu Torrens sind typisch mallorquinisch, mit all dem, was die Inselküche zu bieten hat. Selbstverständlich spielt auch hier der lokale Bezug eine wichtige Rolle. Erfreulich ist, dass auch die typischen Gerichte Mallorcas mit spürbar weniger Fett zubereitet werden, was aber dem Geschmack keinen Abbruch tut. Die Kellnerriege aus einer kultigen „Alt-Herren-Mannschaft“ bewirtet gleichermaßen charmant Stammpublikum, Einheimische und Touristen.
Einen weiteren Celler von Inca möchten wir ebenfalls nicht unerwähnt lassen. Bei „Can Ripoll“ genießt man mallorquinische Küche unter mehr als 350 Jahre alten Sandsteinbögen. Das Lokal ist seit fast 45 Jahren in Familienbesitz. Die Guals bewirten bereits in der zweiten Generation. Eben ein authentisches Mallorca-Restaurant mit ebensolcher Speisenauswahl.
Natürlich gehört frischer Fisch zu den typischen Mallorcagerichten. Überaus lecker zubereitet wird dieser bei „Ca’n Toni Moreno“, einem kleinen Lokal in dem ebenso kleinen Küstenort Port d’es Canonge an der Nordwestküste. Wer die enge, fünf Kilometer lange Serpentinenstraße hinter sich gebracht hat, wird nicht nur mit einer herrlichen Kulisse sondern auch mit bester Traditionskost belohnt. José Ferragut und sein Sohn José Llorenç sorgen für das leibliche Wohl ihrer meist zahlreichen Gäste. Seit über 30 Jahren gibt es das Restaurant. Pep selbst war vor seiner Kochkarriere Automechaniker. Mit 50 fragte er dann seinen Sohn, wo denn dieser die Zukunft sehen würde. Beide entschieden sich für „Topf“ statt „Tank“. Der Erfolg gibt ihnen bis heute Recht. Das Lokal gilt bei vielen als Geheimtipp. Familiär und gleichzeitig professionell geht es zu. Der „Fisch des Tages“, gefangen im Meer zwischen Estellncs und Sóller, kommt in bester Manier und Qualität auf die Teller. Doch auch die Lammkoteletts mit Rosmarin vom Grill sind ein Gedicht. Neben den üppigen Fischgerichten, wie Paella, Hummer oder der saisonale Petersfisch, gibt es auch deftige Fleischspezialitäten. Als Dessert empfehlen wir den fluffigen, hausgemachten Orangenkuchen.