Lokales Marc Fischer 27/12/2022

Mallorca auf dem Weg zur Nachhaltigkeit

Mallorca auf dem Weg zur Nachhaltigkeit

In Sachen Nachhaltigkeit hat Mallorca kräftig aufgeholt. Im Mittelpunkt steht der Tourismus. Doch auch im Alltag der Einwohner und Residenten ist die Energiewende längst spürbar.

Manchmal bedarf es einer unvorhergesehenen Entwicklung, die zu maßgeblichen Änderungen im Denken und Handeln führen. Wenn man der Pandemie überhaupt etwas Positives abgewinnen kann, dann war es Zeit. Zeit zum Nachdenken, Zeit zum Umdenken. Nicht zuletzt in Sachen Nachhaltigkeit.

Nun würde es dem politischen Geschehen der Insel wahrlich nicht gerecht, die vielfältigen Veränderungen im Zuge der Energiewende allein auf die vergangenen beiden Jahre zu reduzieren. Erinnern wir uns zurück: Schon im Jahre 2016 führte man die ecotasa ein, jene mit dem Begriff der „Zwangsabgabe“ für Touristen bedachten Kurtaxe. Vom massiven Rückgang der Urlauber war die Rede, von einer Schädigung des wichtigsten Wirtschaftszweiges.

Tourismussteuer
Mehr als sechs Jahre später ist die Kritik verpufft, wie CO2 in der Atmosphäre. Allerdings mit weitaus gesünderen Folgen: Die Abgabe zwischen 50 Cent bis zu vier Euro pro Nacht und Nase kommt verschiedenen Naturschutzprojekten zugute. Sozusagen als Ausgleich für die Auswirkungen des Tourismus. Zudem werden von den Einnahmen Forschungs- und Bildungsprojekte sowie der Erhalt des kulturellen Erbes auf Mallorca finanziert.

Nur drei Jahre später, im Jahre 2019, erließ die Balearenregierung gleich drei Gesetze zur Nachhaltigkeit. Mit dem Abfall- und Altlastengesetz wurde, unter anderem, die Verwendung von Einwegplastik verboten, insbesondere in Hotels.

Erneuerbare Energien
Mit dem Gesetz zur Energiewende verpflichtete man sich, bis 2035 rund 35 Prozent des Energiebedarfs auf der Insel aus erneuerbaren Energien zu erhalten. Bis zum Jahr 2050 soll vollständig auf fossile Brennstoffe verzichtet werden. Außerdem sollen der Energieverbrauch um 40 Prozent, der Ausstoß schädlichen Kohlendioxids um 90 Prozent verringert werden.

Fokus Mobilität
Zu diesem Zweck entwickelte die Landesregierung einen sogenannten Mobili­tätsmasterplan, mit dem bis 2026 der Autoverkehr auf Mallorca und den Nachbarinseln deutlich reduziert werden soll. Gleichzeitig wird der öffentliche Personennahverkehr modernisiert und nachhaltiger gemacht.
Sowohl beim Straßenverkehr als auch bei ÖPNV hat sich bereits einiges getan., zumindest ist der Wille zu Veränderung da. Auf Mallorca gibt es zum Beispiel rund 1.000 Ladestationen, die von öffentlicher Hand oder privaten Energieversorgern aufgestellt wurden. Sogar ein deutscher Unternehmer baut derzeit fleißig am Ladenetz mit.

Das Problem: Immer wieder gibt es Betriebsausfälle, die Ladezeiten dauern vergleichsweise lange, entsprechende Apps werden kaum aktualisiert. Die Webseite https://www.tib.org/ximelib/public/map.xhtml zeigt sehr anschaulich die aktuelle Situation zwischen „Ist“ und „Soll“ in Sachen E-Mobilität.

Grüne Überlandflotte
Etwas sicherer ist die Situation bei Bussen und Bahnen. Sowohl die Flotte der EMT als auch die Überlandbusse von tib werden nach und nach nachhaltiger. Ab diesem Winter sind bei der tib knapp 200 Busse mit „grün“-produziertem, komrimiertem Erdgas (CNG) unterwegs. Neun Busse fahren mit Strom, neun weitere mit Hybridtechnologie.

Auch auf der Schiene ist die Energiewende längst angekommen: So werden zwölf Züge auf den Überlandstrecken bereits mit E-Energie betrieben, hinzu kommen sechs E-Züge der Metro in Palma.

Elektro in der Stadt
Weitere „grüne“ Energie wird im ÖPNV durch Bremsrückgewinnungssysteme sowie Photovoltaikanlagen erzeugt, die immerhin knapp ein Drittel des Energiebedarfs der Busse liefern.
Auch im Stadtverkehr von Palma geht es nachhaltig zu. Mehr als 100 Fahrzeuge werden mit Erdgas betrie­ben, noch in diesem Jahr sollen über 40 weitere folgen. Ebenso in der Anschaffung sind sechs Elektrobusse und fünf Busse, die mit Wasserstoff betrieben werden. Dieser kommt aus der neuen Wasserstofffabrik in Lloseta, übrigens der ersten derartigen Anlage in Südeuropa, die „grünen“ Wasserstoff erzeugt.

Nachhaltigkeit im ÖPNV beschränkt sich auf Mallorca allerdings nicht nur auf die Fahrzeuge. Fahrscheine können digital gebucht und bezahlt werden. Zudem gilt ein Fahrschein für zwei Fahrten, vorausgesetzt, man steigt innerhalb einer Stunde um.

Die Busse besitzen übrigens Luftfilter, kostenloses WLAN, USB-Anschlüsse und die (begrenzte) Möglichkeit zur Mitnahme von Fahrrädern. Vom Flughafen aus sind die beliebtesten Touristenregionen im Norden, Südwesten, Osten und der Inselmitte bequem per Bus erreichbar.

Apropos Tickets. Auf die können auch Autofahrer einfach verzichten. Nicht nur, indem sie überhaupt einen Parkschein lösen, sondern diesen eben digital bezahlen, ganz ohne Papier aus dem Automaten. Kontrolliert wird die korrekte Bezahlung durch das Einlesen des Kennzeichens.

Transparenz bei Zielen
Damit die Nachhaltigkeitsziele der Insel nicht nur Ankündigung und auf punktuelle Projekte bezogen bleiben, hat sich Mallorca 2021 der Beobachtungsstelle für nachhaltigen Tourismus der Welttourismusorganisation der UN (UNWTO) angeschlossen. In 17 Kategorien, wie Wassermanagement, Mobilität oder Zufriedenheit von Einwohnern und Urlaubern, werden regelmäßig Daten erhoben, die auf der Homepage www.stomallorca.com einsehbar sind. Die Informationen dienen einerseits der Transparenz, andererseits bieten sie die Grundlage für künftige Energie- und Tourismuspolitik.

Dazu trägt auch der Kreislaufwirtschaftsplan bei, dem aktuellsten Nachhaltigkeitsprojekt des gerade abgelaufenen Jahres. Hotels, Ferienunterkünfte, aber auch Restaurants sind verpflichtet, ihren Wasserverbrauch und CO2-Abdruck zu reduzieren. Zudem muss der Müll komplett recycelt werden, lokale Produkte sollten in den Vordergrund rücken, um die Transportwege so gering wie möglich zu halten.