Kleinbauern gegen „Ölspekulation”
Bei der DO Oli de Mallorca sieht man Olivenöl nicht als Luxus, sondern als Naturprodukt. Die laufende Ernte ist fast abgeschlossen – worauf es dabei besonders ankommt.
Die Schallmauer beim Olivenöl im Supermarkt auf Mallorca ist durchbrochen: War die Güteklassen „Vigen Extra“ von ein bis zwei Jahren noch etwa für vier bis fünf Euro pro Liter zu bekommen, liegen die Preise nun teilweise über 10 Euro. Bestimmte Ketten bieten die Ware noch um die acht Euro an. „Das hat auch mit Spekulation zu tun, aber an den Produzenten auf der Insel liegt es nicht“, sagt eine Sprecherin der DO Oli de Mallorca auf Anfrage. Bedingt sei die Entwicklung durch anhaltende Trockenheit auf dem spanischen Festland und mehreren dadurch bedingten schlechten Erntejahren in Folge, was sich nun Händler und Preistreiber auf allen Ebenen zunutze machten.
„Bei uns hat es dagegen genug geregnet, und wir rechnen mit einer Erntemenge leicht über dem Vorjahr bei gleichzeitig hoher Qualität“, so die Sprecherin. Ende Oktober und Anfang November sei die Kampagne in vollem Gang, spätestens Mitte des Monats abgeschlossen. „Zuerst ernten die ökologischen Produzenten, dann die anderen. Ab Anfang Dezember kommt das frische Öl des Jahrgangs 2023 allmählich auf den Markt. Zuvor muss es noch im Labor getestet und im Fall der geschützten Herkunftsbezeichnung DO Oli de Mallorca von einem Experten-Panel verkostet werden.“ Laut Daten bekamen im vergangenen Jahr immerhin 355 von 615 Millionen Litern das begehrte Gütesiegel. 3958 Tonnen Oliven wurden damals geerntet. Die Anbaufläche liegt seit einigen Jahren konstant bei knapp über 4000 Hektar und hat sich damit im letzten Jahrzehnt mehr als verdoppelt.
Keine Ernte-Events
Olivenöl aus Mallorca hat Konjunktur, die Zahl der Bauern steigt weiter an. Zuletzt waren 1095 Produzenten registriert. „Leider können in den Erntewochen keine Events zur Verkostung angeboten werden. Alle sind voll auf die Produktion fokussiert“, bedauert man bei der DO Oli de Mallorca.
Zwar verringert sich die Schere gegenüber der Massenware vom Festland, wie sie etwa in der Provinz Jaén entsteht, doch konkurriert Mallorca nicht in erster Linie über den Preis. Hier gibt es viele Kleinbauern, die teilweise im Nebenerwerb oder in Kooperativen arbeiten und im Tramuntana-Gebirge zudem mit einer besonders anspruchsvollen Umgebung zu kämpfen haben. „Bei uns zählt die Qualität. Wenn die Oliven frühzeitig geerntet werden, fällt der Ertrag etwas niedriger aus, aber man vermeidet das frühe Einsetzen der Vergärung. Auch der schonende Transport und eine zügige Verarbeitung sind wichtig“, erläutert die Sprecherin der DO Oli de Mallorca. In früheren Jahrzehnten habe man darauf weniger Rücksicht genommen und länger gewartet, um höhere Mengen zu erzielen. In der Ölmühle (Almazara) dürfe bis maximal 26 Grad gearbeitet werden, um in der Güteklasse „Virgen Extra“ zu bleiben und kaltgepresstes Olivenöl zu erhalten. Die DO Oli de Mallorca empfiehlt eine Lagerung unter trockenen und kühlen Bedingungen. Einmal geöffnet sollte Olivenöl bald konsumiert und nicht über viele weitere Monate aufbewahrt werden.
„Preis-Psychose“
Rund 83 Prozent des Öls wurden im letzten Jahr auf den Balearen verkauft, 1 Prozent auf dem Festland, und 16 Prozent gingen in den Export. Wichtigste Abnehmerländer der ausgeführten Ware waren Deutschland (50%), die Schweiz (16 Prozent) und Japan (15 Prozent).
„Beim Preis gibt es eine gewisse Psychose. Olivenöl ist für uns kein Luxus, sondern ein Naturprodukt. Spekulation mit Nahrungsmitteln ist keine positive Entwicklung“, so die Sprecherin der DO Oli de Mallorca. Auf dem spanischen Festland sei das mallorquinische Olivenöl im Übrigen höchstens als Nischen- und Gourmetprodukt im Umlauf. Dies obwohl sich die Differenz durch die aktuelle Situation merklich verringert hat. So war bei Oli Caimari zum Beispiel kürzlich das kräftige pikante „Oli d´Oliva Virgen Extra Oli Verjo“ für 9,36 Euro pro Liter im Angebot. Zwar nur für Einkäufe ab 50 Euro Warenwert, aber dennoch kein großer Unterschied mehr zu den derzeit überteuerten Produkten vom Festland.
Öle der Kooperative in Sóller, die aufgrund der Lage im Tramuntana-Gebirge viel Handarbeit einsetzen muss, aber auch hohe Qualität und inseltypischen Geschmack bietet, sind vor Ort oder je nach Anbieter zu Online-Preisen ab etwa 15 bis 20 Euro zu haben. Nach oben hin gibt es für Qualität und Lifestyle natürlich kaum eine Grenze, etwa im Hinblick auf ökologische Produktion, besonders frühe Ernte oder Manufaktur-Bedingungen. Aufgrund des Feinkost-Niveaus vieler Preise bieten etliche Produzenten auf Mallorca ihre Erzeugnisse zudem in Kleinpackungen oder Flaschen ab 250 ml oder unter Umständen sogar nur 100 ml an.
Während die Öle vom Festland nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage bei mehr Regen wieder einmal im Preis sinken sollten, geht der Trend auf Mallorca leicht nach oben. „Unter anderem steigen die Kosten für Glas und Verschlüsse, und es mangelt an Arbeitskräften auf dem Land“, so die Sprecherin der DO Oli de Mallorca – und nennt einige leicht zugängliche Verkaufspunkte für die Produkte ihrer Mitglieder: Öle mit Gütesiegel „Mallorca“ gebe es unter anderem bei Eroski, Fet a Sóller oder auch der Drogerie Müller zu kaufen.