„Aber Hallo …“ Juli 2022
Vier-Jahreszeiten bestellt, doch es wartet Margherita Die Offensive an der Playa de Palma muss zum Aufstand der "Gerechten" werden
Bereits Goethe hat es in seiner Ballade vom „Zauberlehrling“ beschrieben: Wer unüberlegt Geister ruft, wird sie nur schwerlich wieder los. Der Zauberstab mag von noch so guter Qualität sein – tanzen die ungewünschten Kreaturen erst einmal Ringelpiez mit Anfassen, verabschiedet sich Kontrolle sehr schnell in den Urlaub.
Urlaub und Qualität. Wie häufig wurden diese beiden Begriffe mit Blick auf die Playa de Palma in einem Atemzug genannt? Und wie enttäuscht sind doch die Zauberer, wenn – wie in diesem Jahr – der Geist des gepflegt manierlichen Miteinanders mal wieder im berauschten Refrain „Du geile Sau“ zu Füßen der heiligen Joanna im Dreck landet.
Mallorcas beliebteste Partyregion ist in der Saison 2022 angekommen. Anders als erhofft, anders als von vielen prophezeit. Es war eine kleine Gruppe von Träumern, welche „die Playa“ zu einem Ort qualitativer Wertschätzung machen wollte, geprägt von einzigartiger Wertigkeit und, nicht zuletzt, kaufkräftigem Publikum. Sowohl erstere als auch letztere haben längst bemerkt, dass sich ein über Jahrzehnte zu einer Partyzone gewachsenes Gebiet nicht einfach umkrempeln lässt, indem man Hotels, Gastronomen und Unternehmern einen neuen Stempel aufdrückt und dem Ganzen den floridalen Beinamen „Beach“ verleiht.
Nein, für verträumte Balladen, ausgeschmückt mit rhetorischen Finessen, ist an der Playa de Palma kein Platz. Hier wird auf offener Straße gesoffen, gef**** und gesch*****. Zugegeben, diese Worte schmerzen, sie tun verdammt weh. Aber sie sind nun einmal Realität, und alle, die von einer besseren Playa de Palma geträumt haben, sollten endlich in dieser ankommen. Da ist er, der Dreck des ewig Gestrigen, des schon immer Dagewesenen, die Mischpoke einer Gästeschar, die 50 Wochen im Jahr kleinlaut vor dem Chef kuscht, und die übrigen 14 Tage glaubt, auf Mallorca „King Currywurst“ heraushängen zu lassen.
Nun könnte man daran verzweifeln, die sprichwörtliche Flinte ins Korn werfen. Das wäre schade. Schade um die Playa de Palma, schade um die Gastronomie und den Einzelhandel, schade für diejenigen Urlauber, die den kilometerlangen Sandstrand, das türkisblaue Meer und die Anstrengungen der Verantwortlichen schätzen und unterstützen. Um der Playa de Palma das zurückzugeben, was sie einst war – ein kunterbunter Kessel aus entspanntem Urlaub und vielfältiger Unterhaltung – muss man sie als solche aufleben lassen. Nicht mit neuen, unerreichbaren Definitionen und gut klingenden Etiketten mit der Halbwertszeit des Lebens einer Eintagsfliege. Sondern mit dem Mut und der Entschlossenheit derjenigen, welche die Urlaubsregion seit Jahren, vielleicht sogar Jahrzehnten, schätzen.
Wer nicht die Grundlagen sozialen Verhaltens kennt, hat dort nichts verloren. Diese Basics durchzusetzen, ist nicht allein Aufgabe von Behörden und Ordnungshütern. Sie ist Aufgabe von uns allen. Nicht mehr akzeptieren, sondern Aufstehen, muss das Motto derjenigen Urlauber werden, welche die Playa de Palma schon immer als Urlaubsziel und nicht als asozialen Freiraum verstanden. Das ist mehr als Qualitäts-Offensive. Das ist klare Ansage. Was hilft es, wenn ich eine Pizza Vier-Jahreszeiten bestelle, und vor der Tür wartet immer noch Margherita? Oder war es doch Joanna? Scheiß drauf.