Die Balearen haben ehrgeizige Ziele und melden erfreuliche Zahlen bezüglich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, insbesondere aus dem Bereich der Umwandlung von Sonnenenergie in Strom durch Photovoltaik-Anlagen. Ein überzeugender und logischer Weg für eine Region mit 300 Sonnentagen. Bis zum Jahr 2050 soll der gesamte Strombedarf der Balearen aus erneuerbaren Energien stammen. So der Plan! In der Praxis stoßen Initiatoren von Solarparks (zur Zeit sind 46 in der Pipeline mit einer Gesamtleistung von 326 Megawatt und einem Investitionsvolumen von fast 300 Millionen Euro) immer wieder auf zahlreiche Hindernisse, die die Ausführung erschweren, verzögern oder gar verhindern. Im Vordergrund dabei stehen komplizierte Genehmigungsverfahren, Widerstand von Umweltschützern oder von betroffenen Grundstücksnachbarn.
Ein jüngstes Beispiel dafür, dass der vermeintliche Umweltschutz einer umweltbewussten Energiepolitik immer wieder ein Bein stellt, spielt als Lokalposse derzeit in der Gemeinde Sóller. Dort gibt es eine 7.000 m² große Betonfläche, die einen notwendigen Wasserspeicher Sa Costera abdeckt. Die Balearen-Regierung plant nun, auf dieser im übrigen nicht anderweitig nutzbaren Fläche eine Photovoltaikanlage zu errichten, mit der im Monat 87.500 Kilowattstunden Strom produziert werden können. Das Ganze gehört zu einem Projekt der Balearen-Regierung, basierend auf Vorschlägen des Balearischen Energieinstituts (IBE), unter dem Titel „Selbstverbrauchsplan“, mit dem mit zunächst 40 Fotovoltaikanlagen 9,5 Megawatt Energie erzeugt, die erneuerbare Energie der Inseln verdreifacht und insbesondere die Stromkosten, die bei der öffentlichen Verwaltung entstehen, gesenkt werden sollen. Und das wird nicht nur zukünftig große Einsparungen bringen, sondern sofort greifen, da diese Anlagen überwiegend aus EU-Fördermitteln gestemmt werden. Ein großartiges Projekt, aber nicht in den grünen oder verblendeten Augen des Bürgermeisters von Sóller.
Der heißt Carlos Simarro und läuft gegen das Projekt Sturm. Aus seiner Sicht stellt die Realisierung des Projekts einen „ernsthaften Angriff auf die Optik und die Landschaft dar“. Wie? Das Aufstellen von Solarplatten auf einer ohnehin vorhandenen Betonfläche ist ein Angriff auf die Optik und die Landschaft? Offenbar hat Simarro die letzten Warnschüsse der weltweiten Energiepolitik noch nicht mitbekommen. Es kann nicht mehr um ein „alles oder nichts“ gehen. Die Grünen in Deutschland erleben zur Zeit schmerzhaft, dass politische Verantwortung auch Kompromisse erfordert.
Wer sich die Nutzung von Wind- und Sonnenenergie auf die Fahnen geschrieben hat, kann nicht länger nach der Devise „wasch mich, aber mach mich nicht nass“ leben. Das sollte auch ein Dorf-Bürgermeister einer Gemeinde an Mallorcas verträumter Westküste verstehen.
Lutz Minkner blickt auf eine 45 jährige berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt, Dozent, Fachbuchautor und Unternehmer zurück.
Seit 1984 ist er Gründer, Partner und Geschäftsführer des Immobilienunternehmens
Minkner & Partner, www.minkner.com