IZ Kolumne von Lutz Minkner Mai 2024
Auslaufmodell „Golden Visa“ oder MP Sánchez auf Stimmenfang
Seit 2013 können sich in Spanien wohlhabende EU-Ausländer gegen Geld sog. „Golden Visa“ – Aufenthaltsberechtigungen – kaufen. Im Gesetz 14/2013 und den Artikeln 62 ff. sind die Bedingungen für das Goldene Visum genannt, nämlich z.B. ein Immobilienkauf in Spanien für mindestens 500.000 Euro. Die Voraussetzungen: Antragsteller dürfen sich in der Vergangenheit nicht illegal auf spanischem Gebiet aufgehalten haben, sie müssen älter als 18 Jahre, in den letzten fünf Jahren nicht bestraft worden, krankenversichert sein und über ausreichende finanzielle Mittel für die Dauer des Aufenthalts in Spanien verfügen. Wer das Goldene Visum hat, kann sich dann in den Ländern der Schengenzone bis zu drei Monaten im Jahr aufhalten, kann in Spanien eine Arbeitserlaubnis erhalten, kann sich auch außerhalb Spaniens aufhalten und muss nur mindestens einmal im Jahr in Spanien einreisen.
Das Golden Visum gilt zunächst für ein Jahr, danach kann eine zweijährige Aufenthaltsberechtigung beantragt werden, die nach Ablauf um weitere zwei Jahre verlängert wird. Nach diesen ersten fünf Jahren kann eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung beantragt werden.
Die veröffentlichten Zahlen, wie viele Golden Visa seit 2013 erteilt wurden, weichen stark voneinander ab: Die einen beziffern sie auf 5.000, andere auf 13.000. Richtig ist wohl eine Zahl im einstelligen Tausenderbereich. Hauptantragsteller waren Russen, Chinesen, US-Amerikaner und – nach dem Brexit – Briten. Auch in Griechenland, Portugal und Italien machten viele Gäste von außerhalb der EU Gebrauch vom Kauf einer Aufenthaltserlaubnis für den Schengen- Raum. Ein gutes Geschäft für die Ausstellerstaaten und eine gute Möglichkeit, die klammen Haushalte auszugleichen. EU-Quellen besagen, dass allein von 2016 – 2019 etwa 3,5 Milliarden Euro von den Ausstellerstaaten durch den Visa-Verkauf vereinnahmt wurden.
Das Europäische Parlament und die Europäische Kommission sahen allerdings die großzügige Erteilung der Golden Visa kritisch, besonders wegen der Vielzahl von Anträgen russischer Bürger nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Die belgische EU-Abgeordnete Saskia Bricmont führte aus: „Goldene Visa bieten Oligarchen, Kriminellen und korrupten Politikern die Möglichkeit, sich den Weg nach Europa zu erkaufen und ihr Geld, ihr Image und ihre Identitäten zu waschen!“. Und der EU-Justizkommissar Didier Reynders entrüstete sich. „Europäische Werte sind nicht käuflich“.
Spanien reagierte jetzt auf die EU-Kritik. Das Kabinett unter Ministerpräsident Sánchez beschloss am 11. April 2024, die Golden Visa abzuschaffen. Allerdings gab der dauerhaft auf Stimmenfang angewiesene Ministerpräsident Sánchez nicht die wahren Gründe für die Abschaffung der Golden Visa an, sondern behauptete, die Investitionen der ausländischen Antragsteller hätten verheerende Folgen für den Wohnungsmarkt in Spanien. Sie würden die Preise in die Höhe treiben und machten es den Einheimischen fast unmöglich, eine würdige Unterkunft zu finden. Das zeige sich besonders in Großstädten wie Madrid, Barcelona, Málaga oder Valencia und auf Mallorca. Er werde dafür sorgen, „dass Wohnraum wieder ein Recht und kein spekulatives Geschäft werde!“
Das ist natürlich Unfug. Zumal wenn man weiß, dass der durchschnittliche Kaufpreis einer Wohnung in ganz Spanien 180.000 Euro beträgt und auf den Balearen 300.000 Euro. Die ausländischen Golden-Visa-Antragsteller geben jedoch deutlich über 500.000 Euro für die Immobilie aus, investieren also in einem ganz anderen Preissegment als die Einheimischen. Nimmt man dazu noch die ungesicherte Zahl von gut 5.000 Antragstellern seit 2013 – also seit über zehn Jahren – so ist kaum vorstellbar, dass Immobilienkäufe dieser ausländischen Investoren einen signifikanten Einfluss auf den Wohnungsmarkt haben. Folglich ist das ein untauglicher Versuch von Sanchez, seine Versäumnisse im sozialen und öffentlichen Wohnungsbau zu kaschieren.
Ähnlich sieht es auch der Maklerverband ABINI, der bezweifelt, dass die Abschaffung der Golden Visa mehr Wohnraum schafft, sieht die Erklärung Sánchez als eine „Nebelkerze, um von der fehlenden Wohnungsbaupolitik abzulenken“ und führt in einer Pressemitteilung aus: „Wir würden es vorziehen, dass Ministerpräsident Sánchez erklärte, welche Pläne er für den Bau von mehr erschwinglichen Wohnungen auf den Balearen hat, was mit all den öffentlichen Bauvorhaben ist, die er für die Balearen versprochen hat und was mit den 184.000 erschwinglichen Wohnungen ist, die er wiederholt angekündigt hat und wann sie gebaut werden“..
Lutz Minkner ist Managing Partner des Immobilienunternehmens Minkner & Bonitz.
Er blickt auf eine 45 jährige berufliche
Tätigkeit als Rechtsanwalt, Dozent, Fachbuchautor und Unternehmer zurück.
www.minkner.com