Als sich Anfang der 1980er Jahre Uwe Busse in einem nordhessischen Studio vorstellte, konnte niemand ahnen, dass aus dem jungen Rocker einmal einer der erfolgreichsten Produzenten, Texter und Komponisten werden würde. Wir sprachen mit ihm über Musik, Talent und die Unmöglichkeit, einen Sommerhit zu planen.
40 Jahre im Showgeschäft. Gibt es ein Rezept für Erfolg?
100% Talent, 100% Fleiß, 500% Beharrlichkeit, 1000% Glück? Aber auch das alles reicht manchmal nicht aus.
Einst Rocker, dann Schlagerproduzent. Wie sehr rockt Dein Herz noch?
Für mich waren die 70er Jahre mit meiner Rockband „Phoenix“ eine wahnsinnsgeile Zeit. Noch heute träume ich manchmal von der Energie, die ich als Heavy Metall Sänger auf der Bühne gespürt habe. Wie die Planken beben vom Druck der Drums hinter mir, und der Bass, der durch den ganzen Körper geht. Wenn im Autoradio ein Song von ACDC oder Deep Purple läuft, dreh‘ ich richtig laut auf.
Darf ein Künstler überhaupt neue Wege ausprobieren, ohne dass er Fans verliert?
Das ist eine gute Frage. Wenn man mich als Musiker, Komponist oder Texter fragt, dann sollte alles erlaubt sein. Als Künstler muss man ein freier Geist sein, daraus entsteht auch Neues. Als Musikproduzent sieht die Sache schon etwas anders aus. Jede Interpretin und jeder Interpret prägt irgendwann den Markt mit einem bestimmten Stil, wird also zu einer Marke, die es gilt immer größer und erfolgreicher zu machen. Daher bewegt man sich in sehr engen Bahnen, wenn es um musikalische Veränderungen geht. Da in meiner Brust all diese Herzen schlagen, Produzent, Komponist, Texter und auch Interpret, war ich schon immer auch mutig mir selbst gegenüber, Dinge auch mal anders zu machen. Da gibt es zum Beispiel sehr rockige Nummern auf meinen Alben, aber auch Songs wie: „Wir sind alles was wir haben“. Den Titel „Nur zu Gast auf dieser Welt“ wollte meine Plattenfirma erst nicht als Single veröffentlichen, ich hab mich zum Glück durchsetzen können, und dann wurde es ein Riesenerfolg.
Du hast die Wege vieler nationaler Stars mitgeprägt. Wer oder was hat Dich am meisten überrascht?
Überzeugt war ich auf jeden Fall von „Klubbb3“. Als man mir das Thema angeboten hatte mit diesen drei charismatischen Sängern, Florian Silbereisen aus Deutschland, Christoff aus Belgien und Jan Smit aus den Niederlanden, zusammen zu arbeiten, habe ich gleich zugesagt. Nachdem ich die ersten drei Songs für die Jungs geschrieben hatte war auch schon der erste Hit „Du schaffst das schon“ dabei. Überrascht hat mich Anfang der 90er Jahre Audrey Landers. Ich hatte damals den Auftrag für eine große Plattenfirma ein Album mit Audrey zu produzieren. Als noch sehr junger Produzent und Musiker hatte ich in Erwartung dieser Produktion so richtig die Hosen voll. Audrey Landers, bekannt durch die Erfolgsserie „Dallas“, war ein richtiger Mega-Weltstar. Die Liste der Anforderungen, die aus Amerika kam, Hotel, bestimmte Studiotechnik, Kopfhörer, Hallgerät, Mikrofon, und auch das Catering während der Arbeit, war so lang, dass einem schwindelig werden konnte. Als der große Tag dann kam, spazierte eine so nette, sympathische, und vor allem sehr bescheidene junge Dame zur Studiotür herein. Es war eine Freude wie unkompliziert und professionell man mit ihr arbeiten konnte, und das war wirklich eine Überraschung.
Apropos Überraschung: Neigt sich der Boom der Talentshows dem Ende zu?
Ich glaube nicht wirklich, es gab diese Shows auch schon in den 70ern, allerdings nicht im TV. Ich selbst habe so einen Wettbewerb mit meiner damaligen Band auch mal gewonnen. Viel wichtiger finde ich, dass junge Menschen gemeinsam Musik machen und mit Ihren Bands überall auftreten, wo es möglich ist. Es schult Dich unheimlich in einem ganz kleinen Club vor 50 Leuten zu spielen; wenn Du die rockst, dann kannst du auch 5000 rocken. Früher gab es ganz viele von diesen kleinen Musik-Clubs und auch Festivals, wo Nachwuchsbands auftreten konnten. Ich finde, das fehlt in der heutigen Zeit. Natürlich kann man in einer Talentshow im TV auf Anhieb gleich ein Millionen-Publikum erreichen, aber Erfolg entsteht, meiner Meinung nach, immer in einer kleinen Keimzelle, und die Erfahrungen, die man bekommt, wenn man sich sein Publikum über lange Zeit erspielen muss, lassen den Baum erst richtig wachsen und starke Wurzeln schlagen. Ausnahmen bestätigen sicherlich die Regel, aber so viele große Stars, die aus den TV Talentshows hervorgegangen sind, gibt es die?
Beim ESC hat Deutschland, mal wieder, den letzten Platz belegt. Was läuft Deiner Meinung nach falsch?
Früher war dieser Wettbewerb ein „Song Contest“, so heißt er auch heute noch. Da ging es aber in erster Linie um den „Song“, der Interpret wurde später ausgesucht. Heute ist das Ganze eine Riesen-Show, und der Zuschauer erwartet einfach neben einem guten Künstler mit einem tollen Lied auch dieses Show Spektakel. Auch wenn Malik Harris seinen Song „Rock Stars“ souverän und sympathisch performt hat, es fehlte einfach dieser Glamour für den deutschen Beitrag. Fragen muss man sich allerdings auch, wie kommen welche Künstler in den deutschen Vorentscheid, um sich für den ESC zu qualifizieren? Vielleicht muss man hier einmal neue Wege gehen und eine Jury aus erfolgreichen deutschen Machern, die mit Ihren Produktionen europaweit erfolgreich sind, an den Start bringen.
Derzeit werden von den Medien gerne „Sommerhits“ herbeigeschrieben. Kann man einen solchen Hit überhaupt planen?
Ein Hit ist niemals planbar, Meine Songs, zum Beispiel „Die rote Sonne von Barbados“, sind immer dann erfolgreich geworden, wenn ich schon gar nicht mehr damit gerechnet habe.
Was sollte ein Sommerhit mitbringen?
Ich glaube, es ist einfach ein cooler Rhythmus, mit einer eingängigen Refrain-Melodie, die man mitsingen kann, erforderlich. Aber sicher bin ich mir da nicht, sonst würde ich jedes Jahr einen Sommerhit abliefern.
Wie kommst Du zu den Ideen für Kompositionen: Ist es die berühmte „stille Stunde“, oder sind es die spontanen Eingebungen?
Egal wo ich gehe und stehe, immer sind tausend Ideen in meinem Kopf. Ich beobachte sehr gerne Menschen, und das Leben selbst schreibt die schönsten Geschichten. Ein Journalist hat mal gesagt: „Passen sie auf, was sie sagen, wenn Sie sich mit Uwe Busse unterhalten, es könnte sein, dass er einen Song daraus macht“. Viele Ideen kommen manchmal mitten in der Nacht, manches, was ich tagsüber erlebt habe, kommt mir im Schlaf in den Sinn, und ich verarbeite es zu einem Song. Auf meinem Nachttisch befindet sich, zum Leidwesen meiner Frau, immer ein Stapel Notizzettel und ein Diktaphon.
Wie inspirierend ist für Dich Mallorca?
Unglaublich! Das Licht, das Meer, die Luft, schon wenn man aus dem Flieger steigt, fühlt man sich unendlich leichter. Es ist dieses fast nicht beschreibbare Lebensgefühl, welches mich sehr zur Kreativität antreibt. Wir haben unser Haus auf Mallorca nun schon 25 Jahre, und jedes Mal, wenn wir abreisen müssen, sind wir bereits zwei Wochen davor schon traurig. Mallorca ist für uns zu einer zweiten Heimat geworden, und die Liebe zu dieser wunderschönen Insel wird mit jedem Jahr stärker.