Ein unverschämt warmer Spätnachmittag im Oktober. Die Sonne quält sich mit den letzten Atemzügen durch die engen Gassen im Zentrum von Santanyí, Mallorcas kleiner Trendmetropole im Südosten der Insel.
Auf der Plaza Mayor – also dem größten Platz im Ort – geht es recht eng zu. Spaziergänger laufen fast im Spalier zwischen Tischen und Stühlen der zahlreichen Bars und Restaurants, die das Bild der Plaza komplett bestimmen.
Man spricht hier vor allem Deutsch
Gesprochen, geflirtet, gelacht, geschäkert, gelabert und getratscht wird hier vor allem in einer Sprache: Deutsch. Santanyí hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Art El Dorado für Voll- und Teilzeitresidenten, Geschäftsleute, Künstler, Lebenskünstler und Aussteiger aus Alemania verwandelt.
Deren prominentester Vertreter ist zweifellos Schauspieler Uwe Ochsenknecht, der zusammen mit seinem Freund und Architekten Hans-Peter Oehm die einstige Dorfkneipe Sa Cova („Die Höhle“) schräg gegenbenüber der Kirche in eine stylische Musikbar verwandelte. Das Lokal ist dank ihres prominenten Betreibers – der selbst gerne mal zum Mikro greift, um hier vor „der Höhle“ abzurocken – ,dem schicken Innendesign und den musikalischen Liveacts der derzeit angesagteste (deutsche) Treffpunkt auf der Plaza. Essen und Trinken kann man im Sa Cova zudem auch noch ganz nett.
Ein paar Meter weiter von Ochsenknechts Höhle findet sich deren mallorquinisches Pendant, das Ca´n Piquer, eine der vielleicht letzten Bastionen einheimischer Barkultur auf der Plaza. Wirtin Antonia Bauzà bedient hier vor allem ältere Gäste, die sich die Zeit beim Kartenspielen oder Zeitungslesen vertreiben.
Riesen-Orgel in der Kirche
Größte Sehenswürdigkeit auf der Plaza ist die Kirche Sant Andreu aus dem 18. Jahrhundert deren Sandsteinfassade im Sonnenlicht gelblich leuchtet. Im Innern des Bauwerks aus dem 18. Jahrhundert steht eine riesige barocke Orgel, die ursprünglich aus einem Dominikanerkloster aus Palma stammt und das Werk eines der berühmtesten spanischen Orgelbauers, Jordi Bosch, ist. Zudem Gebäude gehört auch die anschließende Pfarrkirche Capella del Roser aus dem 14. Jahrhundert.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Plaza Mayor sitzt Bürgermeisterin Maria Pons im Rathaus der Stadt, das 1912 gebaut wurde. Die Gemeinde ist seit Jahren in fester Hand der konservativen Volkspartei PP und gilt auf Mallorca zu den politisch ruhigen Kommunen, die ganz ohne Korruptionsskandale oder andere Schlagzeilen in den Medien auskommt.
Markt am Mittwoch und Samstag
Zurück auf die Plaza. Hier dürfte es am Mittwoch und Samstag Vormittag noch enger zugehen. Dann müssen sich die Bars und Restaurants den Platz mit Dutzenden von Marktverkäufern und ihren Ständen teilen. Neben Obst, Gemüse, Käse und Wurst werden hier auch mallorquinische Spezialitäten wie Honig, Wein und Liköre sowie Pflanzen, Kleidung, Modeaccessoires und Kunsthandwerk feilgeboten. Zumindest an diesen Tagen wird auf der Plaza vor allem eines gesprochen: Mallorquinisch.
Kosmopolitisches Ambiente und mallorquinischer Charme
Sei es wie es ist: Ein Besuch auf der Plaza Mayor von Santanyi ist das ganze Jahr über empfehlenswert. Insbesondere an heißen Tagen bietet der Platz angenehmen Schatten, die Auswahl an Lokalen ist vielfältig, das Ambiente kosmopolitisch ohne dabei seinen mallorquinischen Dorfcharme eingebüßt zu haben. Die Plaza spiegelt damit sehr gut die hohe Attraktivität des Ortes unter ausländischen Zuwanderern wider.
Andreas John