Kalvarienberg Pollensa – Die vielleicht schönsten Treppenstufen von Mallorca
Kalvarienberg Pollensa – Die vielleicht schönsten Treppenstufen von Mallorca
Der Kalvarienberg in Pollensa gehört nicht allein für gläubige Christen in der Osterzeit zu den Must-Goes. Auf der von Zypressen beflankten Panorama Freitreppe herrscht ganzjährig reges Schnaufen.
Vielleicht wäre der frühe Morgen ein besserer Moment gewesen. Oder irgendwann am Spätnachmittag. Stattdessen stehen wir an einem knall-heißen Septembertag irgendwo in Pollensa. So um kurz vor 12. Und ganz unten an der Treppe. Vor uns flimmern 365 Stufen in der Mittagshitze. Steil hinauf zu einer am Ende des „Camí de Calvarí“ kaum auszumachenden Wallfahrtskapelle. Den Höhenunterschied von hier unten nach dort oben berechnet unser von Sonne versengtes Hirn fälschlicherweise auf knapp 3.000 Meter. Ein Leidensweg steht uns bevor. Und genau dafür wurde er auch angelegt.
Die ersten sogenannten Kalvarienberge – also wie der von Pollensa – entstanden bereits im frühen Mittelalter, insbesondere in Italien. Sie wurden von der Katholischen Kirche als eine Art Showbühne für jährliche Nachstellungen des Kreuzganges Christi an Ostern konzipiert. Heutzutage findet man solche katholischen Bühnen-Bauten vor allem in Form von Freitreppen, die gläubige Pilger zu Wallfahrtskapellen führen. Am Karfreitag jeden Jahres sind viele von ihnen Schauplatz feierlicher Kreuzgang-Prozessionen. Das gilt auch für den Kalvarienberg von Pollensa.
Ob es sich allerdings bei den Tausenden von Menschen, die dort das ganze Jahr rauf- und runterlaufen ausnahmslos um devote Pilger handelt, ist zu bezweifeln. Zumindest die meisten Ausländer unter ihnen keuchen und schnaufen auf den 365 Treppenstufen (Richtig! Eine für jeden Tag) wohl eher auf Empfehlung gängiger Reiseführer, die den Kalvarienberg in Pollensa längst als Sehenswürdigkeit listen.
Ein Ausflug zum Kalvarienberg von Pollensa ist also weniger Glaubensfrage als himmlisches Sightseeing-Vergnügen. Schuld daran hat ein ehemaliger Bürger und Wohltäter namens Guillem Cerdà Cànaves, der seiner Heimatstadt Ende des 19. Jahrhundert das Grundstück vermachte, auf dem 1907 die Wallfahrtskapelle „Església del Calvari“ samt ihrer hinaufführenden Freitreppe fertiggestellt wurde.
Ihr Aufstieg ist auf den ersten Metern – abgesehen von einer mannhohen Skulptur am Fuße der Treppe des mallorquinischen Bildhauers Joan Bennàssar – relativ unspektakulär. Solange man sich nicht umdreht. Dann genießt man Höhenmeter für Höhenmeter zum Teil spektakuläre Aussichten auf die immer weiter unten verbleibende Altstadt von Pollensa und den weiter dahinter liegenden Berghängen der Nordausläufer des Tramuntana-Gebirges. Die Freitreppe verändert auf ihrem oberen Abschnitt nicht nur die Form der Absätze, sondern wird zudem beflankt von haushohen Zypressen.
Ganz oben erwartet den Treppensteiger schließlich eine kleine pittoreske Plaza, an deren hinteren Ende die kleine Wallfahrtskirche thront. Links daneben findet sich eine kleine Bar zur Einkehr. Bei unserem Besuch sorgte zudem ein auf der Plaza sitzender Straßenmusiker samt Flamenco-Gitarre für wirklich inspirierende, wenn auch spanisch angehauchte Pilger-Chillout-Mucke. Resultat: Die 365 Treppenstufen zuvor waren plötzlich wie weggeblasen. Gott sei Dank!
Pollensa und die schönsten Treppenstufen der Insel