Experten Tipp Dr. Czichon Chrirotherapie – Heilende Hände
Neue Griffe, zusätzliche Anwendungsgebiete – das Vertrauen in diese manuelle Behandlungsmethode wächst. Wo wird sie eingesetzt, und was können Chirotherapeuten leisten?
Um zu erklären, wie er allein mit seiner Technik eine Wirkung erzielen kann, greift der Chirotherapeut gerne auf einen Vergleich aus der Informatik zurück: Bei vielen Schmerzgeplagten sind keine Veränderungen an Knochen, Muskeln oder Bändern an den Beschwerden schuld. Die Hardware ist in Ordnung, aber die Software, die Verarbeitung, funktioniert nicht richtig. Eine Art Programmfehler. Und was tut man, wenn der Computer nicht mehr reagiert? Man schaltet ihn aus und wieder an.
Neustart
Chirotherapeutische Grifftechniken (vom griechischen „cheir“ = Hand) sollen genau das bewirken: mit energiereichen Impulsen die Schmerzverarbeitung kurzfristig aussetzen und das System neu starten. Stimmt die Diagnose, sind in mehr als 90 Prozent der Fälle nach einer chirotherapeutischen Behandlung die Beschwerden verschwunden. Bei den restlichen zehn Prozent verschwinden sie in den folgenden zwei Stunden. Diese Zeit benötigt die Muskulatur, um sich zu entspannen.
Mit den Händen heilen
Schon seit der Antike versuchen Mediziner mit den Händen zu heilen. Schon Hippokrates wandte Handgrifftechniken bei der Behandlung seiner Patienten an. In Deutschland erlebte die manuelle Medizin in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts einen deutlichen Schub. Damals entwickelten mehrere Ärzte fast gleichzeitig chirotherapeutische Grifftechniken. Damals entstanden drei verschiedene chirotherapeutische Ansätze, die aber viele Gemeinsamkeiten haben. So viele, dass die drei Schulen sich heute in puncto Grifftechniken und Ausbildung weitgehend angenähert haben.
Zur manuellen Medizin werden auch die Osteopathie und die Chiropraktik gezählt. Dabei ist die Abgrenzung zwischen den einzelnen Verfahren nicht leicht. Es fällt jedoch auf, dass die Grifftechniken der Chirotherapeuten sanfter sind als die der Chiropraktiker. Zudem darf die Chirotherapie nur von Ärzten durchführt werden, Chiropraktiker sind oft Heilpraktiker oder nichtärztliche „Heiler“.
HVLA
HVLA lautet die chirotherapeutische Zauberformel. Die Abkürzung steht für „high velocity, low amplitude“ (hohe Geschwindigkeit, niedrige Amplitude). Der englische Ausdruck beschreibt das heute gültige Konzept: Chirotherapeuten arbeiten mit schnellen Impulsen, bewegen dabei Gelenke und Gewebe nur minimal. Während früher vor allem Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule Patienten zum Chirotherapeuten führten, hat sich das Spektrum heute auf Beschwerden am gesamten Stütz- und Bewegungsapparat ausgedehnt. Die Osteopathie geht noch weiter: Sie will auch helfen, wenn Organe wie Nieren oder Leber nicht richtig funktionieren.
Osteopathisches Denken
Osteopathisches Denken ist in die moderne Manuelle Medizin eingeflossen. Ruckartige und abrupte Manipulationen wichen sanften und weicheren Griffen. Auch die Erklärung, wie die Griffe wirken, hat sich geändert. Früher herrschte die Vorstellung vor, Schmerzen seien auf ein „ausgerenktes“ Gelenk zurückzuführen und würden verschwinden, wenn es wieder „eingerenkt“ wird. Dieses Denken ist inzwischen überholt. Heute weiß man, dass chirotherapeutische Griffe in die Schmerzweiterleitung und -verarbeitung eingreifen. Die Manipulationen stellen starke positive Reize dar, die die Schmerzleitung im Rückenmark beeinflussen.
Blockierung – Wurzel allen Übels
Als Wurzel allen Übels gelten sogenannte Blockierungen. Ist die Beweglichkeit eines Gelenkes eingeschränkt, hat das Folgen. Dazu zählen unter anderem verschobene Knochen, verhärtete Muskeln und – natürlich – Schmerzen. Der Chirotherapeut spürt die Ursache auf und löst die Blockierung. Dazu drücken seine Hände auf Knochen und Muskeln. Mit standardisierten Griffen überträgt er Impulse auf das betroffene Gelenk und bewegt es so minimal.
Sorgfältig achtet der Therapeut darauf, dass die Manipulation in eine freie und nicht eine blockierte Richtung des Gelenks erfolgt. Die Schmerzen dürfen dabei nicht zunehmen. Um die Blockierungen zu finden, orientieren sich Chirotherapeuten nicht nur an schmerzhaften oder verhärteten Muskeln. Getestet werden auch verschiedene Referenzpunkte am Körper des Patienten. Ein Gespräch mit dem Patienten, mitunter auch weitere Untersuchungen wie Röntgen- oder MRT-Aufnahmen ergänzen diese Diagnostik. Denn wie so oft in der Medizin können die gleichen Symptome verschiedene Ursachen haben.
Exakte Diagnose notwendig
Für eine erfolgreiche Behandlung muss die Diagnose exakt stimmen. Das ist Aufgabe des ärztlichen Chirotherapeuten. Schließlich hängt davon eine Menge ab. Wenn nämlich nicht die Funktion gestört, sondern Gewebe geschädigt ist, sind mitunter andere Maßnahmen nötig. Zudem gilt es mögliche Vorschäden aufzuspüren – vor allem bei Problemen im Bereich der Halswirbelsäule. Sie schließen manchmal eine chirotherapeutische Behandlung aus.
Diese verschiedenen Grenzen erkennt am besten ein ärztlicher Chirotherapeut – ebenso mögliche „Verkettungen“. „Solche Probleme lassen sich mit chirotherapeutischen Griffen gut behandeln. Eine Verkettung liegt dann vor, wenn Schmerzen nicht dort entstehen, wo der Betroffene sie spürt, sondern die Folge eines anderen Gesundheitsproblems sind – möglicherweise an einer anderen Stelle des Körpers.
Ursache oft weit entfernt vom Schmerzort
Auch in dieser Hinsicht hat die Chirotherapie hinzugelernt: Früher dachte man in Segmenten und suchte daher die Ursache für die Schmerzen auf Höhe des entsprechenden Wirbelkörpers. Doch bei Verkettungen erstrecken sich die Probleme über verschiedene Segmente. So führt zum Beispiel eine Reizung am Wadenbeinköpfchen zu Beschwerden an der Wirbelsäule. Oder sie löst Schmerzen an der Ferse aus. Nur wenn diese Zusammenhänge aufgedeckt und erkannt werden, ist die Behandlung erfolgreich. Umgekehrt stellt der Patient schnell fest, ob die Ursachen tatsächlich behoben wurden. Ist das nicht der Fall, kehren die Schmerzen nämlich bald wieder.
Dies sollte dann Anlass sein, nach einer Verkettungsproblematik zu suchen, bei allen hartnäckigen Schmerzen – vor allem, wenn herkömmliche Behandlungsansätze versagen. Beispiel Tennisarm: „Hinter den unangenehmen Schmerzen kann eine Blockierung im Bereich der Halswirbel fünf und sechs stecken. Oder auch eine Rippenblockierung. Mitunter beenden dann chirotherapeutische Griffe und Impulse eine lange Leidenszeit.
Neustart geglückt.
Dr. Wolfgang Czichon / Arzt für Orthopädie
Chirotherapie, Osteopathie, Akupunktur,
spezielle Schmerztherapie, Sportmedizin
Deutsches Facharzt-Zentrum, Paguera
Tel. 971 685 333 – www.dfz.es