Mit Zweifeln an der Anklage gegen die Hells Angels auf Mallorca ist am 10. Februar ein mehrwöchiger Megaprozess in Madrid zu Ende gegangen. Das Urteil steht noch aus.
Zum Abschluss bezeichnete die Verteidigerin von Frank Hanebuth die Inselaufenthalte ihres Mandanten im Zeitraum 2009-2013 einmal mehr als „Mallorca-Urlaub“. Der Rockerboss aus Hannover habe lediglich „Ferien bei Freunden“ gemacht und keinerlei kriminelle Aktivitäten koordiniert. Außerdem handle es sich bei den Hells Angels auf Mallorca nicht um eine kriminelle Vereinigung im Sinn des Strafrechts. Bleibt abzuwarten, ob der Nationale Gerichtshof dieser Argumentation folgen kann. Freisprüche wurden auch für andere Hauptangeklagte wie Abdelghani Youssafi gefordert.
In der Tat war in der langwierigen Beweisaufnahme wenig über Zwangsprostitution oder Drogenhandel zu erfahren, obwohl die Ermittlungsakten und Abhörprotokolle von solchen Delikten nur so zu strotzen schienen. Von den Verteidigern wurden jedoch zahlreiche Formfehler bemängelt. So seien die Protokolle nicht von den Zuständigen unterschrieben worden, und der Übersetzer war kein staatlich vereidigter Dolmetscher, sondern ein Beamter der Guardia Civil mit Deutschkenntnissen, der zudem teils eigenwillige Schlüsse aus den Telefonaten gezogen habe. Anwälte beantragten deswegen die Nichtigkeit des ganzen Procederes.
500 Millionen in Luft aufgelöst
Einige Verfahrensgegenstände wie eine Geldpalette mit 500 Millionen in Scheinen, die mutmaßlich in der Türkei gelagert worden sein sollten, erwiesen sich außerdem als real inexistent. Manches in dem lange erwarteten Prozess löste sich also buchstäblich in Luft auf. Besonders dünn wirkten die Vorwürfe um die Millionen-Finca „Son Paraiso“ bei Lloret de Vistalegre, auf der 2013 im Rahmen der „Operation Casablanca“ eine Razzia mit Festnahmen von Hells Angels erfolgt war. Die opaken Besitzverhältnisse mit Firmenbeteiligungen wurden als „Geldwäsche“ ausgelegt, was jedoch unter dem Strich wenig überzeugte, da es dabei wohl auch auch viel um Hörensagen ging, und gar keine konkreten Delikte nachgewiesen werden konnten, die der mutmaßlichen Geldwäsche zu Grunde liegen.
Strittig ist noch, ob Deals von weiteren Beschuldigten mit der Staatsanwaltschaft als belastende Geständnisse gegen Hanebuth & Co. gewertet werden können. Von ursprünglich 49 Angeklagten hatten 34 solche Einigungen unterschrieben, überraschenderweise auch der Hauptangeklagte Khalil Youssafi.
Seine Strafe hatte sich dadurch am ersten Prozesstag von 38,5 auf 12 Jahre und drei Monate reduziert. Statt durch Haft kann dies zudem durch eine Geldbuße mit Tagessätzen von insgesamt etwa 37.000 Euro abgegolten werden. Ob einige der Begünstigten als eine Art „Kronzeugen“ gelten können, muss zunächst offen bleiben. Das Gericht behält sich jedenfalls die Möglichkeit, die von ihnen eingereichten schriftlichen Einlassungen in geschlossener Beratung abschließend zu würdigen. Immerhin hatten Frank Hanebuth und einige andere von 2013 bis 2015 wegen der Vorwürfe bis zu zwei Jahre lang in U-Haft gesessen. Dies dürfte die spanische Justiz nachträglich nicht als Unrecht anerkennen wollen.
Strafrabatt für überlange Prozessdauer
Klar ist indes, dass auch das Strafmaß für die verbliebenen Beschuldigten in seinem Umfang erheblich reduziert werden. Wegen einer überlangen Dauer des Verfahrens gegen die Hells Angels auf Mallorca ist das nach fast 10 Jahren unumgänglich geworden. Dennoch forderte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer weiterhin 13 Jahre Haft für Frank Hanebuth und 27 Jahre für Abdelghani Youssafi. Lediglich „kleinere Fische“ kommen bei den Forderungen nun etwas günstiger davon als zu Prozessbeginn. Die Anklage gegen B.B., die Ehefrau von Paul E., wurde komplett zurückgezogen.
In seinem Schlusswort als Angeklagter wies Frank Hanebuth auf die „basisdemokratische“ Struktur der Hells Angels hin, in der es weder einen Welt- noch Europa-Präsidenten oder Landeschef gebe. Jedes Charter entscheide selbstständig per Abstimmung über alle Fragen. Im Übrigen sei der Mitangeklagte Paul E. nicht sein Vater und auch nicht sein Mentor, so Hanebuth, dem für seinen Freund von der Finca „Son Paraiso“ nichts Gutes zu schwanen schien.
Gegen ein Urteil des Nationalen Gerichtshofs (Audiencia Nacional), der die Verhandlungen in voller Länge per Youtube übertragen hatte, steht ggf. die Berufung beim Obersten Gerichtshof (Tribunal Supremo) offen. Danach bliebe noch der Weg der Verfassungsbeschwerde und am Ende der Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dessen Entscheidungen für alle Mitgliedsstaaten des Europarats verbindlich sind.
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