“Gastfreundschaft ist die Kunst, seine Besucher zum Bleiben zu veranlassen, ohne sie am Aufbruch zu hindern.” Ein unbekannter Autor schaffte einst diese sprichwörtliche Brücke zwischen Perfektion und Performance. Noch heute scheint sie greifbar.
Die Kulturstiftung der Bank "La Caixa" befindet sich in einem restaurierten Jugendstilgebäude in Palma. Genau in diesem Prachtbau eröffnete 1903 das erste Hotel auf Mallorca. Das "Grand Hotel", so der schlichte und gleichzeitig vielsagende Name, war das Ergebnis der zur Jahrhundertwende immer stärker aufkeimenden Begeisterung für die Insel. Nicht ganz unschuldig daran war Erzherzog Ludwig Salvator, der mit seinem Werk 1867 erschienenen Werk "Die Balearen in Wort und Bild" eine Art Reiseführer schaffte. Der weckte vor allem das Interesse der europäischen Aristokratie für die Mittelmeerinsel.
Der Reiz, Mallorca als Urlaubsziel zu positionieren, war Ende des 19. Jahrhunderts größer denn je. Allerdings waren zur damaligen Zeit nur wenige Menschen überhaupt in der Lage, sich einen Urlaub zu leisten. Und diejenigen, die es konnten, setzten lieber auf Bewährtes in der erreichbaren Umgebung als auf unbekannte, "exotische" Ziele ohne die Sicherheit einer zuverlässigen Unterkunft.
Einer der ersten, der das Thema Tourismus öffentlich zur Sprache brachte, war der Journalist Miguel de los Santos Oliver. Er widmete 1890 in der Zeitung "La Almudaina" dem Fremdenverkehr gleich eine ganze Serie. Zehn Jahre später legte sein Kollege Bartolomé Amengual nach und hob die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für Mallorca hervor. Aus dieser beschriebenen und fühlbaren Aufbruchstimmung entstand mit besagtem „Grand Hotel“ das erste Hotel auf Mallorca.
In Sachen Unterkunft war das "Grand Hotel" bis Ende der 1920er Jahre ein echter Platzhirsch. Erst als Mallorca längst als "Urlaubsziel erster Güte" bezeichnet wurde und vom Tourismusverband, gegründet 1907, mit einem "idealen Klima" beworben wurde, entstanden die nächsten Unterkünfte: Das "Victoria", das "Mediterráneo", das "Royal" und, nicht zu vergessen, das legendäre Hotel "Formentor" im Norden der Insel.
Ende der 1940er Jahre, im Angesicht einer durch Spanischen Bürger- und Weltkrieg geprägten Bevölkerung, schaffte es Mallorca nach und nach wieder zu dem Glanz, welchen die Insel sich bis Anfang der 1930er Jahre in Sachen Gastfreundschaft und Tourismus mühsam geschaffen hatte. Zu verdanken ist das dem Gründergedanken einzelner Visionäre, die nicht davor zurückschreckten, zu investieren und zu expandieren.
Einer von ihnen war Gabriel Escarrer Juliá. Als 21-Jähriger mietete Gabriel 1956 das Hotel "Altair" in Palma. Gabriel hatte Erfolg, gründete das Unternehmen Hoteles Mallorquines und gliederte immer mehr Hotels in seine Dachgesellschaft ein. In den 1970er Jahren besaß Hoteles Mallorquines bereits Unterkünfte auf Mallorcas Nachbarinseln und den Kanaren, die landesweite Präsenz war mit Beginn der 1980er Jahre geschafft.
1984 nannte Gabriel Escarrer Juliá seine Hotelkette in Hoteles Sol um und fusionierte drei Jahre später mit dem Unternehmen Meliá. Es war die Geburtsstunde der bis heute international bekannten und erfolgreichen Kette Sol Meliá Hotels & Resorts S.A.. Zum Unternehmen gehören rund 300 Hotels, von denen über die Hälfte in Spanien liegt.
Ebenfalls 1956 entdeckte ein branchenfremder Unternehmer seine Begeisterung für die Hotellerie. Sein Name: Lorenzo Fluxà Figuerol, Sohn des Schuhmachers und Lottusse-Gründers Antonio Fluxà. Dieser erwarb den kleinen Reiseveranstalter Viajes Iberia, der sich angesichts der gewaltigen Nachfrage nach Urlaub auf Mallorca schnell zu einem großen Unternehmen entwickelte. Mitte der 1980er Jahre entstand aus den Konzernaktivitäten schließlich das Unternehmen Iberostar Hotels & Resorts. Die Gruppe ist bis heute vollständig im Eigentum der Gründerfamilie Fluxà. Im Rahmen einer gemeinnützigen Stiftung setzt man sich für soziale und kulturelle Belange in den Ländern ein, in denen Iberostar Hotels betreibt.
Null Bock auf Landwirtschaft
Die Geschichte der Hotellerie auf Mallorca kommt am Namen Barceló nicht vorbei. Die Firmenhistorie ist ein Beispiel für den Gründergeist der damaligen Zeit. Wir schreiben das Jahr 1931. Der Bauernsohn Simón Barceló Obrador aus Felanitx hat keine Lust mehr auf Feldarbeit und leiht sich 3.000 Pesetas. Mit dem Geld kauft der 29 jährige Familienvater einen alten Autobus mit 20 Sitzplätzen. Als Transportunternehmen Autocares Barceló ist er fortan auf der Strecke Felanitx – Palma unterwegs und befördert Personen und Waren.
Bereits in den 1950er Jahren wittert Barceló die Chancen des immer wichtiger werdenden Tourismus. Neben dem Betrieb des Busunternehmens des Vaters gründet Barcelós Sohn Gabriel eine Reiseagentur. 1962 kommt ein erstes, eigenes Hotel hinzu, das "Latino" in Palma – es war die Geburtsstunde der Kette Barceló Hotels & Resorts. Noch heute befindet sich die international tätige Grupo Barceló vollständig in Familienbesitz und hat ihre Konzernzentrale in Palma.
Mit Beginn des Massentourismus in den 1960er und 70er Jahren entstanden immer mehr Hotels auf der Insel. Einen echten Bauboom gab es in den 1980er Jahren, als einzelne Hotels von Ketten aufgekauft und fortan betrieben wurden. Diese Eingliederung versprach einheitliche Qualitätstandards.
Das nächste Kapitel
Inzwischen ist Mallorca eine Insel der Vielfalt in Sachen Hotels. Jeder Urlauber findet die Unterkunft, die am besten zu seinen Wünschen, Vorlieben und, nicht zuletzt, dem Geldbeutel passt. Ob All inclusive oder Landhotel, ob schickes Boutique Hotel oder strandnahe Bettenburg mit modernem Ambiente – die Auswahl ist groß. Und die Geschichte der Hotels auf Mallorca ist längst nicht zu Ende geschrieben.
Nach fast eineinhalb Jahren pandemiebedingter Einschränkungen wird sich zeigen, wie nachhaltig die Hotellerie auf der Insel gearbeitet hat und aufgestellt war. So schick das "Grand Hotel" einst um Touristen warb, so entscheidend sind heute und in naher Zukunft nackte Zahlen. Der Weg der Hotellerie auf Mallorca ist steinig und ungewiss. Am Ende gilt allerdings nur ein Motto: Der Gast sollte das Haus glücklicher verlassen als er gekommen ist.