Vor allem in den letzten 10 Jahren hat die Filmindustrie Mallorca verstärkt als perfekte Kulisse für erfolgreiche Dreharbeiten entdeckt. Die Insel bietet unzählige Sonnenstunden, atemberaubende Küsten, idyllische Landschaften und auch luxuriöse Fincas und Villen – im Grunde alles, was das visuelle Herz begehrt. So wurde zum Beispiel ein gelungener Werbespot für Rum der Marke “Captain Morgan” auf der Insel gedreht, oder die erfolgreiche Liebeskomödie „Ein ganzes halbes Jahr“ im Jahr 2016. Sogar Szenen, die eigentlich in Mauritius spielen sollten, wurden auf Mallorca gefilmt, da die Umgebung dem Flair der Insel im Indischen Ozean sehr nahe kommt. Auch Adam Sandler als Produzent des Streaming-Anbieters Netflix hat die Vorzüge der Insel erkannt und dreht in den letzten Jahren immer wieder hier.
Doch jetzt steht Mallorca vor einem weiteren Durchbruch: Immer mehr internationale Produzenten nutzen die Insel für ihre Filme und Serien. Aktuell wird die Thriller-Serie „Lioness“ mit den Megastars Nicole Kidman und Morgan Freeman für Paramount+ gedreht. Über 100 Personen sind an der Verfilmung beteiligt. Zudem hat die mehrheitlich amerikanische Produktionsfirma Psycho DeluxhMedia die Dreharbeiten von zwei Horrorfilmen und einer TV-Serie auf Mallorca angekündigt.
Durch die Produktion von Filmen auf Mallorca profitieren auch andere Branchen. So hat das US-Luxusmagazin „Robb Report“ etwa über ein beeindruckendes Anwesen in Palmas Villenviertel Son Vida berichtet, in dem Nicole Kidman während der Dreharbeiten posierte. Das Haus im Wert von rund 65 Millionen Euro zeigt die unendlichen Möglichkeiten der Insel und vermittelt ein luxuriöses Image durch seine Ausstattung mit einem eigenen Fitnessstudio, Massagesalon und Zen-Meditationsgarten.
In den vergangenen Jahren hat Mallorca auch im Bereich der deutschen Filmproduktionen an Bedeutung gewonnen. Es wurden einige bemerkenswerte Projekte auf der Insel realisiert, darunter kürzlich das Drama „Die Insel der Zitronenblüten“ sowie TV-Formate wie „DSDS – Deutschland sucht den Superstar“ oder jüngst „Der König von Palma“ (RTL), in dem es mit geänderten Namen und verfremdeter Handlung um den „Bierkönig-Mord“ an Gastronom Manfred Meisel im Jahr 1997 an der Playa de Palma geht.
Ein weiterer kleiner Trend, der sich ganz langsam abzuzeichnen beginnt, ist der Mallorca-Trip für Filmliebhaber. Manche Kino-Fans besuchen die Insel, um bekannte Drehorte, wie beispielsweise die Schauplätze aus „The Crown“ oder „Cloud Atlas“, aufzusuchen. Einige Touristiker haben sich bereits mit Angeboten auf dieses besondere Reisesegment gestürzt. Vielleicht kann ja mehr daraus werden…
Schub durch „Green Film Studios“ in Marratxí
Das ist aber längst noch nicht alles: Der Inselrat plant im nächsten Schritt den Bau der „Mallorca Green Film Studios“ auf einem Grundstück im Industriegebiet von Marratxí. Dafür werden bis zu zwölf Millionen Euro aus dem NextGeneration-Konjunkturpaket der EU investiert. Die Gemeinde Marratxí hat die Fläche zur Verfügung gestellt, und das Projekt kann nach jahrelanger Planung demnächst in Angriff genommen werden. Fünf Millionen Euro sind bereits in die Vorbereitungen geflossen.
Pedro Barbadillo von der Mallorca Film Commission merkt an, dass einige Schlagzeilen zu Unrecht den Eindruck erweckt haben, in Marratxí auf Mallorca würden die größten Filmstudios Spaniens gebaut, was jedoch nicht ganz richtig ist. Das größte Set mit durchgehendem Raum auf der Insel wird 3.500 Quadratmeter groß sein und wäre damit Nummer eins in Spanien. Allerdings gibt es an anderen Orten noch größere Filmstudios, die über mehrere unterschiedliche Sets verfügen – von denen allerdings keines für sich allein an das in Marratxí geplante herankommt.
Die neuen Studios werden über einen Wassertank mit 1500 Quadratmeter Grundfläche verfügen, der gute Bedingungen für das Drehen von Meeresszenen bietet. Natürlich haben viele Produktionen mit Wasser zu tun, und die Dreharbeiten vor Ort können leider durch Wind und Wellen verzögert werden. Mallorca ist nunmal eine Insel, aber das digitale Nachstellen von Wasseroberflächen ist auch in Zeiten von Künstlicher Intelligenz nach wie vor eine (zu) große technische Herausforderung. Bleibt also nichts anderes übrig als eine Art riesiges Aquarium, das nun in Marratxí auf der grünen Wiese entstehen soll.
Das Projekt wird mit dem Bau eines Mehrzweckgebäudes für die Filmproduktion beginnen. Dieses Gebäude soll auch Coworking-Büros, Werkstätten für Kulissen und Kostüme, Umkleideräume und Räume für Casting und Postproduktion enthalten. In einem zweiten Schritt wird das Set mit dem Wassertank gebaut. Das Mega-Set, das einmal das größte Spaniens werden könnte, soll erst in der dritten und letzten Phase hinzukommen. Wenn alles nach Plan läuft, könnten die ersten Dreharbeiten in den neuen Studios Mitte schon Ende 2024 oder Anfang 2025 beginnen.
Die Wartelisten für Sets in Europa können mitunter ein bis zwei Jahre lang sein, heißt es aus der Branche. Der Anstieg des Produktionsvolumens in den letzten Jahren hat zu einer erhöhten Nachfrage nach Drehorten geführt. Die Herausforderung für Mallorca besteht nun darin, diese Nachfrage zu befriedigen und ein möglichst großes Stück vom Kuchen zu bekommen. Die Landschaft ist attraktiv für Außendrehs, aber die meisten Filmteams gehen für Innendrehs bislang oftmals woanders hin. Wenn es auf Mallorca ein geeignetes Set gäbe, würden die meisten Filmproduzenten aber hier bleiben, so die Überlegung für das ambitionierte Projekt in Marratxí, das langfristig zur wirtschaftlichen Transformation der Insel hin zu mehr Wohlstand und Nachhaltigkeit beitragen könnte.
Kongress für nachhaltige Filmprojekte„Green Film“ ist dabei für Mallorca nicht nur ein Schlagwort.
„Wir haben zwei Millionen Euro aus EU-Fonds für Pilotprojekte zur Nachhaltigkeit in der Filmbranche erhalten“, sagt Mireia Covas, die bei der Mallorca Film Commission für das Thema zuständig ist. Unter anderem gebe es drei lokale Ausschreibungen, bei denen es zum Beispiel um E-Mobilität, umweltfreundliches Material und Recycling von Catering-Geschirr gehe, so Covas.
Ein erster Höhepunkt des neuen Programms steht voraussichtlich im Oktober mit dem „Green Film Forum“ im Kalender. Zu dem Kongress werden mindestens 100 bis 150 Fachteilnehmer erwartet, um sich über Nachhaltigkeit beim Filmen auszutauschen. Möglicherweise kann ja das große Hollywood zumindest in dieser speziellen Nische vom kleinen Mallorca noch etwas dazulernen.