Mallorca-Veteranen kennen es schon seit 2003 (Golfkrieg) oder 2011 (Libyen): Immer, wenn irgendwo ein Krieg angezettelt wird, ist die NATO fleißig im Luftraum unterwegs und überrascht nichts ahnende Urlaubsflieger wahlweise mit entgegenkommenden Jagdbombern oder ungebetenem „Geleitschutz“.
So auch beim Luftwaffenmanöver „Air Defender 23“ vom 12. bis 23. Juni über Deutschland. Die Gewerkschaft der Fluglotsen rechnet insgesamt mit bis zu 50.000 Minuten Verspätung, wovon ein gewisser Teil auch auf Verbindungen zwischen Deutschland und Mallorca entfallen wird, obwohl Spanien, andere europäische Länder und die USA nicht direkt betroffen sind, sondern nur Kampfflugzeuge entsenden. Rund 8000 zivile Flüge finden täglich über dem deutschen Luftraum statt und sind potenziell betroffen.
Die NATO-Übung, mit der ein „Angriff aus dem Osten“ simuliert werden soll, läuft täglich in drei Übungsräumen. Lediglich am Wochenende und nachts will man die Bevölkerung verschonen. Um die absehbaren Verspätungen zumindest teilweise zu kompensieren, wurde das Nachtflugverbot an etlichen deutschen Flughäfen aufgehoben.
Der Übungsraum Süd (Manöver-Zeiten 13-17 Uhr) erstreckt sich wie ein Riegel vom bayrischen Lechfeld über Stuttgart Richtung Köln. Zwar wird für den Airport Stuttgart ein Ab- und Anflugkorridor frei gehalten, doch könnten durchfliegende zivile Maschinen zu zeitraubenden Umwegen über Frankreich oder Italien und Österreich gezwungen werden.
Der Übungsraum Nord (Manöver-Zeiten 16-20 Uhr) liegt über der Nordsee mit angrenzenden Küstengebieten in Niedersachsen sowie Schleswig-Holstein und dürfte Mallorca-Verbindungen vergleichsweise wenig beeinträchtigen. Im Übungsraum Ost (10-14 Uhr) befinden sich unter anderem Leipzig, Dresden, Berlin und große Teile der Ostseeküste mit Rügen.
Die Auswirkungen auf Ostdeutschland sind unklar, es gibt aber auch hier einige Schneisen für den zivilen Verkehr. Ob einzelne Mallorca-Flüge womöglich komplett ausfallen, war vor Beginn nicht bekannt. Aussagen der Bundeswehr, dass es angeblich „keine Probleme“ geben werde, wollte die Fluglotsen-Gewerkschaft jedenfalls nicht teilen. Zur CO2-Bilanz von „Air Defender 23“ existieren von der NATO übrigens keine offiziellen Angaben.
Da die Manöver-Zone noch vor der dänischen Insel Bornholm endet, ist die Wahrscheinlichkeit für gefährliche Zwischenfälle mit Russland aber relativ gering. „Air Defender 23“ war zudem mit langem Vorlauf schon Jahre vor dem Ukraine-Krieg geplant worden. Foto: pixabay
Air Defender 2023 Übungsraum Nord
Nordsee, Teile von Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie NRW nördlich von Münster
Flughöhe zwischen 2.438 und 18.470 Metern
Air Defender 2023 Übungsraum Süd
Saarland, Rheinland-Pfalz, Teile von Baden-Württemberg und Bayern