Druck aus Madrid, Entlastung aus Palma
Bei den Haushaltsberatungen für 2024 gab es Last-Minute-Überraschungen wie die weitgehende Abschaffung der Vermögenssteuer – 20 Millionen für freie Sprachwahl an Schulen.
Was der Staat den Menschen mit der einen Hand gibt, nimmt er ihnen mit der anderen wieder aus der Tasche, lautet sinngemäß eine alte Steuerzahlerweisheit. Sie bewahrheitet sich für Mallorca-Residenten im Jahr 2024 einmal mehr. Während sich die neue konservative Balearen-Regierung unter Marga Prohens (PP) redlich um Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger bemüht, dreht das spanienweite Linksbündnis von Premier Pedro Sánchez (PSOE) von vielen fast unbemerkt, jedoch deutlich spürbar an der Abgabenschraube. Erscheinen die einzelnen Erhöhungen zunächst nur geringfügig, so können sie sich je nach persönlichen Verhältnissen ziemlich summieren – eine ähnliche Taktik, wie sie offenbar auch die Ampelregierung in Deutschland verfolgt.
Doch zunächst zu den guten Nachrichten, an erster Stelle die frisch beschlossene Baby-Prämie auf Mallorca und den Nachbarinseln ab 1. Januar 2024. Beim ersten Kind sind für frisch gebackene Eltern 800 Euro fällig, beim zweiten 1000 Euro. Für das dritte Baby werden 1200 Euro ausgezahlt und für das vierte 1400. Der Rechtspakt zwischen der konservativen Volkspartei PP und den Populisten von Vox will damit vor allem kinderreiche Familien fördern. Das Geld kann man relativ unbürokratisch als Steuervorschuss beim Finanzamt beantragen – selbst dann, wenn man gar keine Einkünfte hat. Allerdings wird der Bonus am Ende des Fiskaljahres mit der Einkommensteuer verrechnet.
Ein ähnlicher Babyscheck war bereits 2007 spanienweit vom ehemaligen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) eingeführt worden. Die Prämie betrug damals 2500 Euro unabhängig von der Kinderzahl und ohne Verrechnung mit der Steuer, musste nach der Lehman-Pleite aber schon 2011 wieder abgeschafft werden.
Beschlossen wurde für die Balearen auch eine Senkung der Einkommensteuer IRPF um 0,5 Prozentpunkte für Jahresgehälter unter 30.000 Euro und um 0,25 Prozentpunkte über 30.000 Euro. Eine weitere Änderung ist die regionale Erhöhung des persönlichen und familiären Steuerfreibetrags auf die gesetzlich zulässige Höchstgrenze 10 Prozent. Insgesamt werden Familien um mindestens 200 Euro pro Jahr entlastet, so die Balearen-Regierung. Zudem wird die Einkommensgrenze bei bestimmten Absetzungsmöglichkeiten für Familien mit Kindern angehoben. Derzeit liegt sie bei 33.000 Euro Jahresbrutto oder bei 52.000 Euro für Doppelverdiener.
Darüber hinaus gibt es für jüngere Menschen oder Behinderte bestimmte Erleichterungen bei der Grunderwerbssteuer. Bereits im Sommer hatte die neu gewählte Balearen-Regierung die Erbschafts- und Schenkungssteuer zwischen Eltern und Kindern, Großeltern und Enkelkindern abgeschafft und sie zwischen Geschwistern sowie zwischen Tanten und Onkeln und Nichten und Neffen um bis zu 50 Prozent gesenkt. Auch Nichtresidenten sind von der Erbschafts- und Schenkungssteuer auf den Balearen begünstigt. Selbst wenn sie nicht in Spanien ansässig sind und eine Immobilie auf Mallorca oder anderen Inseln erben, können sie von den balearischen Steuervorschriften profitieren. Das bedeutet, dass Erben, die nicht in Spanien ansässig sind, dasselbe zahlen wie Einwohner.
Im Haushalt konnten die Rechtspopulisten von Vox in letzter Minute noch die Anhebung der Freigrenze für die Vermögenssteuer von 700.000 auf 3 Millionen Euro durchsetzen. Eine Immobilie als Hauptwohnsitz wird dabei nicht mitgerechnet. Der Freibetrag gilt wohlgemerkt pro Person, sodass Ehepaare und Familien mit entsprechender Beratung auch auf höhere Summen kommen können. Mallorca wird damit als Steuerwohnsitz attraktiver.
Kleiner Steuerschock
Dass die allgemeine Krise in Europa aber auch an normalverdienenden Spaniern nicht spurlos vorbeigeht, sieht man an einem Maßnahmenpaket des seit 2018 regierenden Linkspakts von Pedro Sánchez in Madrid. Von der Mehrwertsteuer über die Kapitalertragssteuer bis hin zur “Reichensteuer” und zu den Sozialabgaben wird fast alles etwas teurer.
Bislang lag der maximale Steuersatz auf Kapitaleinkünfte bei 23 %. Im Jahr 2024, werden nun alle mit Kapitaleinkünften von mehr als 200.000 Euro 27 Prozent zahlen. Ab 300.000 Euro sind es 28 Prozent. Das gilt rückwirkend für das Steuerjahr 2023.
2024 wird auch die Höchstbeitragsbemessungsgrenze für die Sozialversicherung um 1,2 Punkte über der Inflationsrate angehoben. Selbstständige und Angestellte mit einem Einkommen von mehr als 50.000 Euro pro Jahr müssen dadurch mehr Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Der Staat rechnet mit 308 Millionen Euro Mehreinnahmen für die Rentenkasse. Bis 2050 soll die Beitragsbemessungsgrenze jährlich weiter steigen und am Ende 38 Prozent höher liegen als heute.
Wer weniger verdient, wird ebenfalls belastet: Ein “Beitragsfaktor für Generationengerechtigkeit” schlägt bei Arbeitnehmern mit 0,12% zu Buche, bei Firmen mit 0,58%. Bis 2029 soll dieser Posten schrittweise auf 0,2% bzw. 1% ansteigen.
Durch die Einschränkung des Modulsystems bei der Besteuerung von Selbstständigen im Rahmen der Einkommenssteuer IRPF will die Regierung 2024 an die 155 Millionen Euro mehr einnehmen.
Empfindlich teurer werden die Strom-Abgaben, die im Rahmen eines Krisenpakets zeitweise abgesenkt waren. So steigt die Sondersteuer auf Strom wieder von 0,5% auf 5,11%. Und die Mehrwertsteuer soll sich von 5%, auf 10% erhöhen, 2025 dann auf den früheren Normalsatz von 21%. Für alle Verbraucher wird die Rechnung also schon im Januar deutlich kostspieliger. Dass die für bestimmte Grundnahrungsmittel auf 0% reduzierte Mehrwertsteuer ab 1. Juli 2024 wieder steigt, ist sehr wahrscheinlich.
Im Koalitionsvertrag zwischen PSOE und den Linken von Sumar ist auch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit um jeweils eine halbe Stunde für 2024 und 2025 vorgesehen. Am Ende sollen dann 37 Stunden erreicht werden. Dabei handelt es sich allerdings um Durchschnittswerte je nach Tarifvertrag, und die Umsetzung ist noch völlig offen.
Seit 2023 können Wohnungsmietverträge nicht mehr automatisch mit dem Verbraucherpreisindex aktualisiert werden. Ein neuer Index speziell für Wohnungsmieten soll in Zukunft Anstiege begrenzen. Ohnehin waren Mieterhöhungen durch ein Krisendekret bislang auf 2% limitiert. 2024 steigt die Grenze auf 3%. Ein verschärfter Mietpreisdeckel der Zentralregierung für “angespannte Zonen” wird auf den Balearen voraussichtlich keine Anwendung finden, da die autonomen Regionen bei dem Thema das letzte Wort haben.
Balearen erhöhen Vermögensteuer-Freibetrag
Die konservative Regierung der Balearen hat beschlossen, ab dem 1. Januar 2024 den Freibetrag bei der Vermögensteuer von 700.000 Euro auf drei Millionen Euro zu erhöhen. Die Maßnahme, die die Inseln jährlich 60-70 Millionen Euro kosten könnte, verhindert die Anwendung der spanischen Reichensteuer, die einen ähnlichen Freibetrag vorsieht. Die Anpassung erhält die Vermögenssteuereinnahmen der Balearen teilweise, reduziert aber die Zahl der Steuerzahler erheblich. Diese Entscheidung könnte es für wohlhabende Ausländer wieder attraktiver machen, sich auf den Balearen niederzulassen.