Regen, Wind und grauer Himmel. Als Schietwedder würde ein Norddeutscher vielleicht die derzeitige Wetterlage auf Mallorca bezeichnen. Dabei fing die Woche dank frühlingshafter Temperaturen eigentlich verheißungsvoll an. Die Sonne strahlte nämlich nicht allein am Himmel, sondern endlich auch wieder über der regionalen Tourismusbranche, die nach einjährigem Corona-Kollaps fast vollständig zum Erliegen gekommen war.
Die Bundesregierung in Berlin hatte am Freitag zuvor die Balearen aufgrund der hier stark gefallenen Inzidenzrate zum Non-Risikoreisegebiet erklärt. Urlaub auf Malle war damit also wieder offiziell „erlaubt“. Und die Pflicht und Nerverei, bei der Rückkehr aus Palma einen negativen PCR-Test am Flughafen vorzulegen, abgeschafft. Das zudem nur wenige Wochen vor dem Beginn der Osterferien. Besser hätten es nicht kommen können.
Reiseveranstalter und Airlines begannen daraufhin geradezu fieberhaft, ihr bis dahin ausgedünntes Angebot an Urlaubsaufenthalten und Flugverbindungen auf und zu der Lieblingsinsel aller Deutschen im Mittelmeer rapide aufzustocken. Mit durchschlagendem Erfolg. Zwischen Kiel und Konstanz tippten sich plötzlich Tausende von Bundesbürgern beim Online-Buchen die Finger wund, um endlich wieder zwischen Cala Ratjada und Paguera die Sonne im Meer versinken zu sehen. Mein Gott! Wie lange schon hatte man darauf verzichten müssen?
Der scheinbar bevorstehende Oster-Ansturm von Heerscharen nach Sonne und Sangria lechzender Touristen aus Alemania, angeheizt durch eine seit etlichen Jahren praktizierte, vollkommen überzogene Mallorca-Berichterstattung in nahezu allen deutschen Medien, ließ nicht nur die verantwortlichen Politiker der Landesregierung in Palma aufschrecken, sondern begann auch im restlichen Spanien die Gemüter zu erregen. Ausgerechnet aus einem Land, in dem die Infektionsrate seit Wochen rapide anstieg, sollten Tausende von Touristen zwischen Palma und Pollensa Urlaub machen dürfen, während Osterreisen nach Mallorca für Festlandspanier verboten waren. Ja, geht´s denn noch?
Und es kam noch schlimmer. Bereits am Montagnachmittag (15.3.) riet die Bundesregierung aufgrund des scheinbar im ganzen Lande ausgebrochenen Mallorca-Reisefiebers davon ab, während der Osterfeiertage zu verreisen. „Die Aufhebung einer Reisewarnung sei keine Einladung zum Reisen“, erklärte die Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Maria Adebahr.
Am Mittwoch versuchte die balearische Gesundheitsministerin Patricia Goméz die sich weiter verschärfende Diskussion in der Öffentlichkeit um deutsche Osterurlauber zu entschärfen. „Ausländische Touristen sind nicht das Problem. Das Ansteckungsrisiko ist unter Einheimischen höher, weil wir uns auf der Insel sehr viel mehr bewegen als Urlauber“, so Gómez. Zudem seien die Sicherheitskontrollen an Palmas Flughafen verschärft worden. „Jeder, der hier landet, muss einen negativen PCR-Test vorweisen“.
Am Donnerstag wurde es auf Mallorca dann richtig ungemütlich. Ein vom Atlantik über die iberische Halbinsel ziehendes Tiefdruckgebiet legte sich als dunkelblauer Wolkenteppich über die Insel. Und brachte Regen und Kälte. Aber auch in Berlin verdüstetere sich die Lage für Mallorca. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke forderte aufgrund der in der Öffentlichkeit breit getretenen Kritik über die scheinbar „außer Kontrolle geratene“ Zahl an Reisebuchungen nach Palma eine erneute Testpflicht für rückkehrende Auslandsurlauber. „Ich bin der festen Überzeugung, dass das unweigerlich dazu führen wird, dass Mallorca eine Virus-Brutstätte werden wird“, wurde Woidke in Zeitungen zitiert. In den kommenden Tagen wollen sich auch andere Länder-Chefs über Woidkes Vorschlag beraten.
Man kann derzeit nur hoffen, dass bald wieder die Sonne scheint.