IZ-Kolumne Lutz Minkner März 2023

Kolumne Lutz Minkner Inselzeitung

Die Reichensteuer: Linke Zentralregierung greift in Rechte der Autonomen Regionen ein

Die spanische  Vermögensteuer
Die spanische Vermögensteuer ist seit eh und je in der Diskussion. Die meisten Europäischen Staaten haben sie abgeschafft, weil die Vermögensteuer eine reine Substanzsteuer ist und Zinsen und andere Erträge bereits durch die Einkommensteuer besteuert werden, weil die Verwaltungskosten der Erhebung wegen der oft schwierigen Bewertung in keinem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag stehen und weil aus volkswirtschaftlicher Sicht die Vermögensteuer ein Investitions­hindernis ist.

Dennoch behält Spanien die Vermögensteuer derzeit bei. Die spanische Linksregierung argumentiert u.a. so, dass die Vermögensteuer ein geeignetes Mittel der Umverteilung von oben nach unten sei, und dies sei erklärtes politisches Ziel der derzeitigen Regierung. Allerdings gibt es im spanischen Vermögensteuergesetz die Besonderheit, dass die Autonomen Regionen für ihr Gebiet die Vermögensteuer mindern oder sogar aussetzen dürfen. Von diesem Recht haben die konservativ regierten Autonomen Regionen Gebrauch gemacht: Madrid hat die Vermögensteuer ganz ausgesetzt, Andalusien nach dem Wahlerfolg der Konservativen im letzten Jahr ebenfalls, Galicien will den bisher geltenden Nachlass von 25 % auf 50 % reduzieren, und auch die PP der Balearen hat für den Fall eines Wahlsieges im Mai 2023 die Minderung oder Aussetzung der Vermögensteuer versprochen. Das alles erregte höchstes Missfallen bei der Zentralregierung. Und so ist denn die neue „Reichensteuer“ nicht wirklich eine neue, zusätzliche Steuer neben der Vermögensteuer, sondern soll vielmehr ganz offensichtlich der „Disziplinierung“ der konservativ geführten Autonomen Regionen und der Belastung der Reichen dieser Regionen dienen. Das ist auch der Grund, warum sich gewiss das spanische Verfassungsgericht sehr schnell mit diesem Gesetz befassen wird.

Die Reichensteuer
Das neue Gesetz der Reichensteuer gibt sich schon vom Namen her einen sozialen Anstrich und nennt sich „Solidaritätssteuer“ (ITSGF – Impuesto Temporal de Solidaridad de las Grandes Fortunas). Die Reichensteuer steht neben der Vermögensteuer und ist doch mit ihr eng verknüpft, und zwar durch einen einfachen Trick: Die Reichensteuer kann nämlich von der Vermögensteuer abgesetzt werden und trifft deshalb im Grunde nur die Autonomen Regionen, in denen keine oder nur verminderte Vermögensteuer zu zahlen ist. Die Reichensteuer beträgt bezogen auf das Vermögen des Steuerschuldners ▼

▶ bei Vermögen zwischen 3 Mio € und 5,34 Mio € 1,7 %
▶ bei Vermögen zwischen 5,34 Mio € und 10,69 Mio € 2,1 %
▶ und bei Vermögen über 10,69 Mio € 3,5 %


Beschwichtigend erklärt die Zen­tralregierung, dass von der Reichensteuer nur 0,2 % aller Steuer­zahler betroffen wären und nur 3.700 Steuerschuldner zur Stufe jenseits von 10,69 Mio Euro gehörten. Im Übrigen werde die Steuer „Zunächst“ nur für zwei Jahre, nämlich 2023 und 2024, berechnet. Das “zunächst“ sagt alles.

Welche Bedeutung hat die Reichensteuer für Steuerschuldner auf den Balearen?
Nach dem Vorgesagten keine Überraschung: Nichts, denn wegen der Zahlungspflicht bei der Vermögensteuer und der Anrechnungsregelung fällt bei hohen Vermögen keine zusätzliche Steuer an. Sollten allerdings die Maiwahlen zugunsten der Konservativen ausfallen und diese gemäß ihrer Ankündigung die Vermögensteuer abschaffen, könnte die Reichensteuer zu Buche schlagen. Es sei denn 1) das Verfassungsgericht hebt die Reichensteuer wieder auf oder 2) im Dezember 2023 sind auch Wahlen für ganz Spanien. Wenn dort die Konservativen gewinnen, wird die gesamte Vermögensteuer zur Disposition stehen.

Lutz Minkner blickt auf eine 45 jährige berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt,
Dozent, Fachbuchautor und Unternehmer zurück. Seit 1984 ist er Gründer,
Partner u. Geschäftsführer des Immobilienunternehmens Minkner & Partner,
www.minkner.com