In wirtschaftlich schwierigen Zeiten und bei Abstieg in der Wählergunst suchen die Regierenden oft mit markigen Worten nach einem Befreiungsschlag. So auch der deutsche Zauder- und Ankündigungskanzler Olaf Scholz, als er zum zweiten Mahl die „Bazooka aus dem Schrank holte“, um mit einem „Doppel-Wumms“ die Schuldenbremse abzuschießen und zugleich 200 Mrd. neue Schulden aufzunehmen. Das kam zwar bei einigen Partnern in der EU nicht so richtig gut an, seinen spanischen Genossen, Ministerpräsident Pedro Sánchez von der Zentralregierung und Ministerpräsidenten Francina Armengol von den Balearen, jedoch nahmen sich Olaf zum Vorbild und holten ihre Bazooka aus dem Schrank, um die Balearen mit einem Füllhorn von Geschenken zu beglücken – gleichsam als spanischer Doppel-Wumms mit Bazooka.
Sánchez besuchte am 03. Oktober 2022 die Balearen und versprach Steuererleichterungen für Selbständige, Unternehmer und auch für Nicht-Residenten. Die Steuerbegünstigungen sind an die Bedingung geknüpft, dass die Unternehmen zusätzlich investieren und Produktionskapazitäten ausbauen sowie neue Arbeitsplätze schaffen würden. Weiter sollen Unternehmen aus Viehzucht, Fischerei, Landwirtschaft und Industrie gefördert werden. Das Ganze nennt Sánchez „Régimen Especial Balear (REB)“. An sich ein alter Hut von 2019, aber jetzt endlich soll es richtig losgehen. Insgesamt sollen laut Sánchez 349 Millionen von Madrid auf die Balearen fließen, wobei es sich bei 208 Millionen Euro um direkte steuerliche Anreize für 47.000 Unternehmen und 71.000 Selbständige handeln soll. Und obendrauf gibt`s noch 20 Millionen Anschubfinanzierung für Francina Armengols Lieblingsprojekt – eine Straßenbahn von Palma zum Flughafen. Greifen soll das alles ab 2023. Viele waren allerdings enttäuscht, dass in dem Katalog einer der wenigen nachhaltigen Pläne nicht mehr enthalten war, nämlich die Ankündigung der Reduzierung der Mehrwertsteuer (IVA) für die Balearen wegen der Teuerungen durch die Insellage von 21% auf 15% für den Regelsteuersatz und von 10% auf 5% für den Sondersteuersatz. Das hätte sich in den privaten Haushalten spürbar täglich und dauerhaft ausgewirkt.
Doch zum Doppel-Wumms gehört noch ein zweiter Schuss. Den setzte Francina Armengol am Folgetag (04.10.2022) in einer Rede vor dem Parlament und schüttete eine Wundertüte von Versprechungen aus, wie die Bewohner der Balearen mit Hilfsmaßnahmen der Links-Regierung „über die Wintermonate kommen sollen“. Da soll es Sonderausschüttungen für Arbeitslose in den Wintermonaten von bis zu 600 € geben, finanzielle Unterstützung von außerschulischen Aktivitäten von bis zu 200 €, Unterstützung für das Mittagessen in Schulen ohne eigene Kantine, kostenlose Zug- und U-Bahn-Fahrten, Gutscheine bis zu 60 € für den Einkauf in kleinen Geschäften, Rückzahlungen für Studiengebühren an Studenten, Zuschüsse für steigende Hypotheken von bis zu 250 €, Verdoppelung der Höchstgrenze für Abschreibungen bei der Einkommensteuer, Reduzierung der Grunderwerbsteuer auf 4% beim Kauf von Immobilien unter 270.000 €, und, und, und. Viele Versprechungen, viele Begünstigte. Und ….. zum Schluss ließ Armengol die Katze aus dem Sack: Dies sei ihr Programm „für die verbleibenden Monate der Legislaturperiode“. Aha, nun machen Umfang, Begünstigte und Zeitpunkt der Ankündigungen Sinn:
Im kommenden Jahr sind Wahlen – im Mai 2023 auf den Balearen und im Dezember 2023 für Zentralspanien. Und nach jüngsten Meinungsumfragen sieht es so aus, als würden die Konservativen der Balearen einen ähnlich fulminanten Sieg mit einer absoluten Mehrheit einfahren wie jüngst ihre konservativen Parteifreunde in Andalusien. Den Linken steht der Angstschweiß auf der Stirn. So erklärt sich auch der Sánchez-Besuch auf den Balearen vom 03.10.2022 als Wahlkampfhilfe für seine Genossin Francina. Und Francina Armengol muss sich fragen lassen, warum sie erst jetzt – wenige Monate vor der Wahl – in Aktivismus verfällt, nachdem sie doch schon 7 ½ Jahre die Balearen-Regierung führt. Der kluge Wähler wird dieses Spiel hoffentlich durchschauen.
Lutz Minkner blickt auf eine 45 jährige berufliche
Tätigkeit als Rechtsanwalt, Dozent, Fachbuchautor und
Unternehmer zurück.
Seit 1984 ist er Gründer, Partner und Geschäftsführer
des Immobilienunternehmens Minkner & Partner, www.minkner.com