Kolumne Thomas Fitzner Mai 2022
Warum ich mich beim Energiesparen manchmal deppert fühle
Energiesparen frustriert. Wozu haben wir schnelle Autos, wenn wir damit zuckeln müssen, weil ab 80 km/h der Spritverbrauch explodiert? Dazu kommt: Wenn ich also einen teuren Hybrid-Schnucki kaufe und damit nachhaltig herumschnurre, spare ich im Jahr um die 600 Liter Treibstoff. Toll. Aber das gurgelt ein 20-Meter-Sunseeker beim Ausflug in die nächstgelegene Traumbucht. Eine Superyacht kommt mit dem, was ich auf meinen 20.000 Jahreskilometern mühsam erspare, knappe sieben Kilometer weit.
Bin ich dafür, Superyachten abzuschaffen? Neeeein! Bin ich dafür, Millionäre abzuschaffen? Neeeein! Ich will nur erklären, warum ich mir beim Nachhaltigsein manchmal deppert vorkomme.
Aber daran habe ich mich gewöhnt. Am deppertsten fühle ich mich, wenn der Nachbar im Sommer die Klimaanlage einschaltet, die mir zum offenen Fenster reinbrüllt. Bei mir tun dicke Bruchsteinwände, smartes Fensterladen-Management und Anti-Hitze-Yoga ihre Wirkung. Oder täten. Alles perfekt, wäre nicht der Aircondition-Krach von Nebenan. Wenn ich was sage, bekomme ich zu hören: Kauf dir halt selber so ’ne Anlage, dann kannst du die Fenster zumachen und hast Frieden.
Grandiose Idee. Und wer zahlt den Strom? Das ist der Moment, da ich mich an meine Zeit in Nahariya erinnere. In dieser von deutschen Einwanderern gegründeten Stadt im Norden Israels wohnte ich einst in einem winzigen Miethaus mit Klimaanlage, aber auch mit Solarpanelen zum Wasserwärmen.
Den Urknall meiner Energiespar-Erziehung besorgte der Stromzähler. Der war im Hausinneren und hatte eine sichtbar montierte Metallscheibe in der Größe einer Mini-CD. Deren Drehungstempo zeigte den Verbrauch an. Ich konnte also in Echtzeit beobachten, wie mein Tun und Lassen auf den Stromkonsum wirkte. Dazu musste ich keine Dossiers lesen, keine Berechnungen anstellen, nur doof auf die Scheibe glotzen. Nie wieder habe ich wirksamere Energie-Pädagogik erfahren.
Klar: Wenn ich die Klimaanlage einschaltete, surrte das Ding wie verrückt. Mein Boiler hingegen war arbeitslos – mit den Panelen hatte ich selbst im Winter immer genügend Heißwasser. Man sah die Dinger auf jedem Gebäude im ganzen Land. Das war in den 90ern, als man in Europa gerade lernte, das Wort Sonnenenergie zu buchstabieren.
Was ebenfalls mit erneuerbaren Energiequellen funktioniert, sind Segelyachten. Nur so als Tipp.
Thomas Fitzner ist Journalist und Buchautor
(u.a. „Das Geheimnis von Chateau Limeray“)
Infos unter www.thomasfitzner.com