Viele Verkehrsschilder sind ja selbsterklärend: Überholverbot, Geschwindigkeitsbegrenzung, Halteverbot, um nur einige zu nennen. Dass einzelne Zeitgenossen die bildlichen Vorgaben unter bestimmten Umständen dennoch nicht beachten, ist keine Frage der Kommunikation. Der revolutionäre Stil ist eher situationsbedingt. In den meisten Fällen hat man es schlichtweg eilig. Das trifft auf fast jede Übertretung oder Missachtung von Verkehrsregeln zu.
Der Zeitfaktor spielt eine immer größere Rolle in unserer schnelllebigen Welt. Vor allem im Verkehr. Was kümmert uns der Zebrastreifen, wenn es ohnehin unsicher ist, ob die betagte Dame am Rollator die Straße überhaupt noch lebend erreicht? Warum sollte ich an einer Ampel bei Dunkelgelb bremsen, wenn es, statistisch gesehen, fast schon gesichert ist, dass der kreuzende Fahrer ohnehin eine knappe Minute benötigt, um überhaupt den Gang zu finden?
Aber ich verfalle schon in fragwürdige Denkweisen des alten und neuen Tübinger Oberbürgermeisters, der offenbar eine ganz eigene Ansicht zu den Themen Zeit und Alter formulierte.
Dennoch müssen wir an dieser Stelle politisch bleiben. Denn der geneigte, ausländische Autofahrer auf den Balearen ist künftig nicht nur gefordert, Informationen aus Verkehrszeichen aufzunehmen und umzusetzen, ihm werden Sprachkenntnisse abverlangt. „Els temps canvien i nosaltres canviem amb ells“, wie der inselbegeisterte Lateiner zu sagen pflegt.
Änderungen gibt es nämlich auf Täfelchen, die unter bestehenden Verkehrsschilddern als Zusatzinfo angebracht werden. Dazu gehören beispielsweise Zeitvorgaben in Parkverbotszonen. Diese dürfen auf Mallorca und den Nachbarinseln künftig auf Katalanisch formuliert sein. Nun könnte man meinen, dieser geradzu revolutionäre Vorschlag stammt vom Inselrat, oder – noch denkbarer – von der Regonalpartei Més. Weit gefehlt. Die Zentralregierung in Madrid lockert offenbar die Zügel für eine wachsende Identität der Balearen in sich selbst.
Bislang galt die Regelung, dass Verkehrsschilder entweder ausschließlich in Kastellanisch, oder aber in Kastellanisch und Katalanisch aufgestellt werden müssen. Wenn der Platz fehlte, wurde es schwierig: Welcher Sprache gebührte der Zuschlag?
Jetzt hat Madrid ein Machtwort gesprochen, und zwar in Artikel 56 der neuen Verordnung. Die schriftlichen Angaben und Zusatzinformationen zu Verkehrsschildern dürfen nur noch in einer Amtssprache der jeweiligen Autonomen Gemeinschaft erscheinen. Lobte ich vorhin noch die Inselpolitik, kann sie sich nicht ganz aus der Verantwortung ziehen.
Denn vorausgegangen war ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen der Landesregierung der Balearen und der Zentralregierung in Madrid. Schließlich und offenbar mit den Nerven am Ende, gab nun der Klügere nach. Auf den Balearen sind Zusätze auf den Verkehrszeichen von nun an auf Katalanisch zu verfassen. Es sei „eine Möglichkeit, den Reichtum und die sprachliche Vielfalt der Balearen, […] mit eigener Sprache zu bewahren.“ Wenn die Mauren das noch erlebt hätten, würden sie die Parkverbotszonen rund um den Almudaina-Palast sicher sofort für ungültig erklären.