Die Rechtspopulisten von Vox auf den Balearen haben sich heillos zerstritten. Was bedeutet das für die konservative Minderheitsregierung der Volkspartei PP, die auf ihren unbequemen Tolerierungspartner angewiesen ist?
Hinter vorgehaltener Hand wird von einigen bereits über mögliche Neuwahlen auf Mallorca und den Nachbarinseln spekuliert, die bei Bedarf am 9. Juni gleichzeitig mit der Europawahl oder alternativ nach der Sommerpause stattfinden könnten. Es wäre in diesem Fall eine Legislaturperiode, die nur ein Jahr gedauert hätte – und gleichzeitig eine Blamage für das Bündnis aus Konservativen und Rechtspopulisten.
Von Spaniens Oppositionschef Feijóo (PP) und seiner Parteifreundin, Balearen-Präsidentin Marga Prohens, kommen derzeit jedoch Signale, die auf eine vorläufige Weiterführung des fragilen Pakts hindeuten. In der nationalen Politik wird das Provinz-Theater als lästiger Störfaktor empfunden.
Hintergrund ist ein Streit in der Vox-Fraktion auf den Balearen, die versucht hatte den Parlamentspräsidenten Gabriel Le Senne und seine Mitstreiterin Patricia de las Heras aus den eigenen Reihen auszuschließen. Beide halten zur Parteispitze um Santiago Abascal in Madrid, während fünf mutmaßliche Gefolgsleute von Rechtsausleger Jorge Campos ihr eigenes Ding machen wollen.
Wer nun eigentlich für Vox auf den Balearen sprechen kann, und was mit dem Tolerierungspakt von Juni 2023 geschehen soll, ist unklar. Die fünf Dissidenten wurden von ihrer Partei suspendiert, während der Fraktionsausschluss von Le Senne und de las Heras vom Parlament wegen eines Formfehlers für nichtig erklärt wurde. Am 8. Februar schloss sich die Fraktion dann vorläufig wieder zusammen. Das Parteiordnungsverfahren liegt vorläufig auf Eis. Eine vernünftige Arbeitsbasis dürfte es jedoch kaum noch geben.
In einem durchgesickerten internen Revisionsbericht von Vox ist die Rede von einer „Mafia“ und Korruptionsvorwürfen gegen das Umfeld von Jorge Campos, der jedoch seelenruhig in Madrid als nationaler Parlamentsabgeordneter amtiert, nachdem er im Juni von den Balearen „weggelobt“ worden war.
Falls Le Senne am Ende doch noch aus der Fraktion ausgeschlossen würde, müsste er als Parlamentspräsident zurücktreten, da die Geschäftsordnung bislang keinen Fraktionslosen in diesem Amt erlaubt. Die „Vox-Dissidenten“ reklamierten den Posten für sich. In Wirklichkeit ist aber offen, wer gegebenenfalls die Nachfolge antreten könnte, und ob das Team der konservativen Volkspartei für 2025 noch einmal mit der zerstrittenen Truppe von Vox in Haushaltsverhandlungen treten will.
Als Ausweg zeichnen sich derzeit verschiedene Szenarien ab: Entweder Marga Prohens (PP) macht von ihrem Recht zur Auflösung des Parlaments Gebrauch, sie bestimmt einen neuen Parlamentspräsidenten, der nicht den Rechtspopulisten angehört – oder Vox legt den skurrilen Streit endgültig bei.
Da die spanischen Parteien allesamt sehr hierarchisch organisiert sind, dürften die Entscheidungen in Madrid fallen – nicht in Palma de Mallorca. Wichtige Termine, die dabei möglicherweise eine Rolle spielen, sind die Regionalwahlen am 18. Februar in Galicien und die Europawahl am 9. Juni. Die Chancen, dass die Legislaturperiode auf den Balearen regulär und reibungslos bis Mai 2027 weitergeführt werden kann, scheinen indes eher schlecht. Foto: Wikimedia Commons