Exakt 10 Jahre nach der „Operation Casablanca“ am 23. Juli 2013 auf Mallorca warten Frank Hanebuth, Khalil und Abdelghani Youssafi sowie die anderen Beschuldigten aus dem Umfeld der Hells Angels nach wie vor auf ein Urteil.
Über fünf Monate nach einem Mega-Prozess in San Fernando de Henares bei Madrid gibt es weiterhin keine Neuigkeiten vom Nationalen Gerichtshof (Audiencia Nacional), nachdem die Entscheidung eigentlich für die erste Jahreshälfte 2023 erwartet worden war. „Bis nach dem Sommer wird es voraussichtlich kein Urteil geben“; sagte eine Sprecherin der Mallorca Zeitung. Auch Ana Madera, die Anwältin von Frank Hanebuth, glaubt, dass es September werden dürfte. Grund für die Verzögerung seien drei weitere Großprozesse gegen die organisierte Kriminalität, heißt es aus Justizkreisen.
Mit Zweifeln an der Anklage gegen die Hells Angels auf Mallorca war am 10. Februar ein mehrwöchiger Megaprozess in Madrid zu Ende gegangen. Für Frank Hanebuth fordert die Verteidigung einen Freispruch wegen Mangels an Beweisen. In seinem Schlusswort als Angeklagter wies Hanebuth auf die „basisdemokratische“ Struktur der Hells Angels hin, in der es weder einen Welt- noch Europa-Präsidenten oder Landeschef gebe. Jedes Charter handle selbstständig und stimme über alle wichtigen Fragen ab.
Strittig ist, ob Deals von anderen Beschuldigten mit der Staatsanwaltschaft als belastende Geständnisse gegen Hanebuth & Co. gewertet werden können. Von ursprünglich 49 Angeklagten hatten 34 solche Einigungen unterschrieben, überraschenderweise auch der Hauptangeklagte Khalil Youssafi.
Seine zu erwartende Strafe hatte sich dadurch schon zu Prozessbeginn von 38,5 auf 12 Jahre und drei Monate reduziert. Statt durch Haft kann dies außerdem durch eine Geldbuße mit Tagessätzen von insgesamt etwa 37.000 Euro abgegolten werden. Ob einige der Begünstigten vor diesem Hintergrund als eine Art „Kronzeugen“ gelten müssen, blieb offen, nachdem einige der Angeklagten von 2013 bis 2015 bereits bis zu zwei Jahre lang in U-Haft gesessen hatten. Dies könnte mit einer möglichen Reststrafe verrechnet werden.
Wegen überlanger Verfahrensdauer ist für die Mallorca-Connection der Hells Angels zudem ein gewisser Strafrabatt zu erwarten. Dennoch forderte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer 13 Jahre Haft für Frank Hanebuth und 27 Jahre für Abdelghani Youssafi, die sich im Gegensatz zu Khalil Youssafi beide nicht geständig zeigten.
Gegen einen möglichen Schuldspruch des Nationalen Gerichtshofs (Audiencia Nacional) steht die Berufung beim Obersten Gerichtshof (Tribunal Supremo) offen. Danach bleibt der Weg der Verfassungsbeschwerde und am Ende der Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der für alle Mitgliedsstaaten des Europarats verbindlich entscheidet. Allerdings könnte zwischenzeitlich auch ein Europäischer Haftbefehl gegen Frank Hanebuth und andere Hells Angels der „Mallorca-Connection“ ergehen. Cartoon: FB/Photodirector