Beobachter haben Spanien nach der Einführung des Euro einmal als „längste Hypotheke der Welt“ bezeichnet. Kreditfinanziertes Wohneigentum ist im ganzen Land und auch auf Mallorca der Normalfall, kaum jemand wohnt auf Dauer gern zur Miete. Über den EU-Leitzins Euribor und seine Bewegungen wird daher im alltäglichen Smalltalk fast so oft geredet wie über das Wetter, denn die klassische Finanzierung läuft über eine flexible Verzinsung, die sich am Euribor plus Aufschlag orientiert. Steigt der Euribor, steigen mit zeitlicher Verzögerung unweigerlich auch die monatlichen Kosten.
In den letzten Jahren mit stabilen Niedrigzinsen hatte der Smalltalk nachgelassen, doch nun ist das Thema plötzlich wieder da: Die EZB sieht sich gegen die hohe Inflation zu Zinserhöhungen gezwungen – wie weit bleibt abzuwarten.
Reagiert wird auf Mallorca und anderswo in Spanien nun mit verstärkter Aufnahme von Festzinshypotheken („hipotecas fijas“). Wählten in der Vergangenheit deutlich weniger als 30 Prozent der Immobilienkäufer diese Option, so ist der Anteil 2022 abrupt auf 70 Prozent gestiegen. Das geht aus Daten der Asociación Hipotecaria Española (AHE) hervor. In den Zahlen enthalten sind jedoch auch so genannte „gemischte Hypotheken“. Diese bieten zunächst für einige Jahre eine feste Zinsbindung, werden nach Ablauf der vereinbarten Frist aber variabel.
Das erklärt teilweise auch das teilweise erstaunlich günstige Zinsniveau, das etliche Banken auf Mallorca derzeit bieten. Wer im Paket bestimmte Versicherungen abschließt, kann noch Angebote unter oder knapp über 3 Prozent finden. In Deutschland, wo Festzinshypotheken immer schon Standard waren, tendieren die Bauzinsen dagegen inzwischen Richtung 4 Prozent – allerdings ohne Kleingedrucktes und mit Garantie über die gesamte Laufzeit. Ein Unterschied, der sich finanzmathematisch gewaschen hat und bei 25 Jahren schnell mehrere hunderttausend Euro ausmachen kann, falls die Zinsen noch weiter steigen sollten. Man prüfe die Angebote also genau oder lasse sich unabhängig beraten.
In den USA sind Finanzierungen aktuell kaum noch unter 6 Prozent zu finden, was für Käufer natürlich ein wesentlich höheres Eigenkapital erforderlich macht. Was Spanien betrifft, so will künftig der Staat helfen. Auf Mallorca können Haushalte mit bis zu 68.500 Euro Jahreseinkommen demnächst eine Eigenkapitalbürgschaft beim Wohnungsbauinstitut IBAVI beantragen.
Laut Daten des spanischen Statistikamts INE haben seit 2009 über eine Million Familien von Festzinsbindungen Gebrauch gemacht. Während 2018 noch 10,9 Prozent des bei den Banken vorhandenen Hypothekenbestands eine feste Zinsbindung aufwies, so waren es im 3. Quartal 2021 bereits 20,9 Prozent. Im Sommer 2022 ist der Anteil nun auf 29,6 gestiegen.