Die Reisebranche auf Mallorca und den Nachbarinseln hat einen Rekordsommer 2022 erlebt und steht gleichzeitig vor einem Jahr 2023 mit zahlreichen Ungewissheiten. Mit einem Wachstum von 18,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im zweiten Quartal bewegt sich die Balearen-Wirtschaft laut dem regionalen Wirtschafts- und Arbeitsminister Iago Neguerela inzwischen wieder über dem Niveau von 2019 und rangiert damit spanienweit an der Spitze.
Andererseits gibt es enorme Herausforderungen und Ungewissheiten für 2023. Unter Touristikern ist angesichts der unübersichtlichen Lage mit Inflation, Energiekrise, Ukraine-Krieg und Lieferkettenproblemen gelinde gesagt von „Unsicherheit“ die Rede. Kopfzerbrechen bereiten unter anderem die Gewerkschaften UGT und CC.OO, die für die Hotellerie ein Lohnplus von sage und schreibe 15 Prozent verlangen. Dies vor dem Hintergrund steigender Ölpreise, teurer Lebensmittel und möglicher Kostenvorteile von Konkurrenzdestinationen wie der Türkei oder Ägypten.
Inwieweit die Arbeitnehmer ihre Forderungen wirklich durchsetzen können, hängt nicht nur von der Bilanz zum Jahresende 2022 ab, sondern auch von den Aussichten für das kommende Jahr. Diese werden von anhaltend hohen Inflationsraten und sinkender Kaufkraft in den wichtigen Quellmärkten Deutschland und Großbritannien getrübt.
Dennoch gibt man sich beim Deutschen Reiseverband (DRV) optimistisch: „Bevor die Deutschen auf den Sommerurlaub verzichten, werden sie zuerst alle anderen Sparmöglichkeiten ausreizen“, wird der Branchenverband von der Tageszeitung Ultima Hora zitiert. Energiekostenzuschüsse und steuerfreie Sonderzahlungen bis zu 3000 Euro könnten den Konsum und auch den Tourismus erneut ankurbeln, glauben Beobachter.
Das wissen auch die Reiseveranstalter. Nach Angaben des DRV und seines britischen Pendants ABTA akzeptieren sie teilweise hohe Preissteigerungen für Hotelkapazitäten auf Mallorca und den Nachbarinseln, um für die nächste Saison die eigene Marktposition zu sichern. Das gilt auch für Charterflüge, die man lange vorab disponieren muss, um am Ende nicht mit leeren Händen dazustehen.
2022 war eine Rekordsaison auf Mallorca, sowohl im Hinblick auf Besucherzahlen als auch auf dem Arbeitsmarkt (+8,9 Prozent Beschäftigung) und bei den Tourismus-Umsätzen. Stark hat nach Branchenangaben vor allem der deutsche Insel-Tourismus abgeschnitten, während sich die nordischen Länder beim Einkauf von Kapazitäten schwer verkalkuliert hatten. Für 2023 darf man nun gespannt sein, was passieren wird, um Angebot und Nachfrage neu in Einklang zu bringen.
Unternehmen wie TUI, Alltours, FTI, DER Touristik, Jet2 Holidays, EasyJet Holidays blicken mit gemischten Gefühlen auf das herausfordernde Umfeld, sehen jedoch durchaus Chancen. Die Prognosen sind angesichts des Kriegs in der Ukraine nicht sehr optimistisch, aber das waren sie im Mai 2022 auch nicht unbedingt. Dennoch haben Mallorca und die Nachbarinseln in den Sommermonaten dann einen Boom mit blitzartiger Erholung auf das Vor-Corona-Niveau erlebt.