Viele Wege führen nach Palma. Die Hauptstadt der Balearen war schon immer wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der Insel. Beim Blick auf die Karte fällt auf, dass die Verbindungswege von Palma in die übrigen Gebiete Mallorcas fast sternförmig verlaufen. Mit einer Ausnahme: Entlang der markanten Nordwestküste schlängelt sich eine kurvenreiche, raffiniert geplante und den anspruchsvollen, geologischen Verhältnissen der Serra de Tramuntana angepasste Straße, welche die Orte Andratx im Westen und Pollença im Norden miteinander verbindet.
Erschließung der Bergwelt
Mit dieser Strecke haben die Planer etwas Großartiges geschafft. Die Ortschaften „auf der anderen Seite“ der Tramuntana und im Hochland, sowie, nicht zuletzt, die Berge selbst, wurden erschlossen und zugänglich gemacht. Das war wichtig, denn die Insel konnte nicht allein von den landwirtschaftlichen Erträgen der leicht zugänglichen Regionen existieren.
Vorteile für Handel und Verkehr
Da gab es das für den Handel wichtige Zentrum Sóller mit seinen Zitrusfrüchten und dem Fischfang. Die Stauseen Cúber und Gorg Blau haben mit ihren Einrichtungen bis heute eine lebenswichtige Bedeutung für die Wasserversorgung Palmas. In Valldemossa und Deià fanden Kultur und Kunst eine Heimat. Auf dem Puig Major richtete die spanische Armee militärische und zivile Kontroll- und Sicherheitsanlagen ein. Aus den Bergen wurde im Sommer Eis zur Kühlung verderblicher Produkte ins Tal transportiert. Hochwertige Weine, aber auch Oliven, wachsen an den Hängen und Terrassenanlagen von Banyalbufar und seiner Nachbarorte. Holz wurde geschlagen und Kohle abgebaut. Was aber entscheidend war: Die Strecke vom Norden in den Westen und umgekehrt musste nicht mehr umständlich über Palma führen.
Vom Handel zum Wandel
Viele Vorzüge der Ma-10 von einst, haben im Zuge der technischen Entwicklung an Bedeutung verloren: Kühlschränke ersetzen das Eis aus den Bergen, Holz wird durch andere Baumaterialien ersetzt, Früchte werden direkt weitertransportiert. Doch noch immer steht die bequeme Logistik im Vordergrund. Für Urlauber und Residenten ist die Ma-10 hingegen eine immer wieder gern genutzte Ausflugsroute, bei welcher der Weg das Ziel ist.
Schön und gefährlich
Das schätzen vor allem Radler und Motorradfahrer. Der Verlauf der Ma-10 mit Kurven, Anstiegen und Abfahrten macht eine Tour immer wieder zu einer abwechslungsreichen Herausforderung. Auch und gerade für Autofahrer, die entweder auf Radfahrer treffen, die im Schongang atemlos durch den Asphalt pflügen, oder Kradfahrer, die ihnen in Schräglage schwungvoll auf der Innenspur entgegenkommen.
Nein, wir wollen nichts verharmlosen: Die Ma-10 hat ihre Tücken und Gefahren. Aus diesem Grund arbeitet die balearische Verkehrsdirektion seit Jahren an einem Sicherheitskonzept, hat viele Strecken auf maximal zulässige 50 km/h gedrosselt und führt regelmäßig Geschwindigkeitskontrollen durch. Bei Verstößen muss mit empfindlichen Geldbußen gerechnet werden. Doch wer rast, bekommt ohnehin nur wenig mit vom Beiwerk dieser tollen Strecke. Zudem sollte man stets darauf achten, wo man sich befindet.
Mit Abstand interessant
Autofahrer und Mitreisende, die mit Rücksicht auf andere und die Natur unterwegs sind, werden die Ma-10 schon bald in ihr Herz schließen. Dabei handelt es sich bei der Strecke keineswegs um eine ausgeschilderte Museumsroute, oder um eine Strecke, bei der sich ein touristisches Highlight ans nächste reiht. Die Ma-10 ist zunächst einmal eine Verkehrsader. Mit der richtigen Vorbereitung kann man jedoch an bestimmten Punkten ein spannendes „Hop-of-Hop-on“ gestalten.
Richtungsweisender Tipp
Dabei ist es eigentlich unerheblich, ob man im Norden oder im Westen beginnt. Unser Tipp: Starten Sie in Pollença, dann fahren Sie fast immer mit der Sonne im Rücken und beenden die Tagestour mit einem herrlichen Blick auf den Sonnenuntergang über dem Meer. Zudem gelingen Ihnen auf diese Weise gut belichtete Fotos.
Manchmal sind es einfach sehenswerte Details, wie die Pferdeskulptur aus alten Motorblöcken des Künstlers Mariano Navares in Estellencs, die einen „Schatz“ für Geocacher in sich trägt. Oder das höchste Weingut der Insel, das hervorragende Tropfen produziert. Der Blick von versteckten Punkten der Steilküste über das Meer. Die Villen von Robert Graves oder Michael Douglas, die serpentinenreichen Nebenstraßen zu kleinen Häfen, schmucke Ateliers, leckere Bars, und, und, und. Starten Sie den Motor, und begleiten Sie uns auf unserer Tour entlang der Ma-10.
Dass die herrliche Bucht von Sa Calobra heute nicht nur über den Seeweg, sondern über eine spektakuläre Straße zu erreichen ist, verdankt der Ort seinen wenigen Häusern und gerade einmal etwas über 70 Einwohnern. Die Ausflugsgäste freuen sich, denn das Panorama ist beeindruckend und begeisterte vor Jahren schon Hollywood im Streifen „The Cloud Atlas“. Doch vor den Lohn haben die Götter auch hier den Schweiß gesetzt. Die Strecke erfordert angesichts entgegenkommender Busse und Radfahrer im Eiltempo absolute Konzentration.
Meisterwerk des Straßenbaus
Die 14 Kilometer lange Serpentinenstrecke mit ihren zwölf Haarnadelkurven wurde vom italienischen Straßenbauarchitekten Antonio Parietti geplant und im Jahre 1932 realisiert.
Die bauliche Leistung wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass die Straße ohne jeglichen Einsatz von Maschinen von Hand gebaut wurde und für die Fertigstellung 31.000 Kubikmeter Fels bewegt werden mussten.
Krawatte mit 270-Grad
Besonders spektakulär ist der sogenannte „Krawattenknoten“ (Nus de sa Corbata) auf Höhe von Sa Moleta. Aus Konstruktionssicht gab es keine andere Möglichkeit, die Trassenführung an das gegebene Gelände anzupassen.