Experten Tipp Dr. Czichon: Sehnen – „mitreissende“ Partner der Muskeln
Überbeanspruchung kann Sehnen schaden
Die Sehnen machen als Bindeglied zwischen Muskeln und Knochen jede Bewegung mit. Werden diese übermäßig und einseitig durchgeführt, kann es zu Beschwerden, wie Entzündungen an den Sehnenansätzen kommen.
Damit die Skelettmuskeln die Knochen durch ihre Kontraktionen auch richtig „mitreißen“ können, brauchen sie gute Partner: Die Sehnen verbinden die Muskeln mit den Knochen und sind dadurch maßgeblich an jeder Bewegung beteiligt. Sie dämpfen außerdem den Druck auf die Knochen ab. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Wir wollen unseren Unterarm anwinkeln, um die Nase zu berühren. Dafür zieht sich unter anderem der große Bizepsmuskel im Oberarm zusammen. An seinen Enden ist dieser Muskel jeweils durch Sehnen mit Unter- und Oberarmknochen verbunden. Durch die Muskelkontraktion wird beiderseitig an den Knochen gezogen und der Arm wird im Gelenk gebeugt.
Sehnen müssen großen Druck ausgleichen
Sehnen sind nicht elastisch, jedoch relativ reißfest, wodurch sie ihre Aufgabe gut erfüllen können. Zu verdanken haben sie dies dem kollagenen Bindegewebe, aus dem sie bestehen und das von der Sehnenhaut umgeben wird. Im Gegensatz zum Knorpel haben Sehnen – wenn auch wenige – Blutgefäße, aus denen sie Nährstoffe beziehen können. Zusätzlich findet die Versorgung über Diffusion aus der Sehnenumgebung statt. Eine Regenerationsfähigkeit ist bei Sehnen durch wenige Nerven und Blutgefäße nur sehr begrenzt gegeben. Natürlich ist auch die Reißfestigkeit einer Sehne nicht unbegrenzt, besonders bei hohen Sprüngen (z.B. bei Hoch- und Weitsprungsport) müssen die Sehnen ein mehrfaches Maß des Körpergewichtes abfedern und den Druck ausgleichen. Maßgeblich an einem solchen Sprung beteiligt sind die Achillessehnen, welche die stärksten Sehnen des Körpers sind.
Tennisarm und SMS-Daumen
Sehnen sind besonders an ihren Ansätzen, also dort, wo sie am Knochen befestigt sind, anfällig. An diesen Stellen können sich schmerzhafte Überlastungsbeschwerden ausbilden. Ohne eine entsprechende Gegenmaßnahme können diese Schmerzen chronisch werden. Die wohl am häufigsten vorkommenden und bekanntesten Sehnenansatzbeschwerden sind der sogenannte Tennis- bzw. Golferarm oder der Fersensporn. Ähnlich häufig betroffen ist die Handregion, die durch Computerarbeit oft einseitig belastet wird. Generell kann aber eine solche Reizung durch besonders starke und einseitig mechanische Belastung an jedem Sehnenansatz erfolgen. So gibt es laut jüngeren Meldungen immer vermehrter Sehnenbeschwerden in den Daumen durch extrem häufiges Schreiben von Kurznachrichten über Mobiltelefone.
Erkrankungen der Sehnenansätze
Erkrankungen der Sehnenansätze können unterteilt werden in degenerativ, also verschleißbedingt, oder entzündlich bedingt, wobei die entzündlich bedingten Ansatztendopathien am häufigsten vorkommen.
Erkrankungen der Sehnenansätze sind bei Aktivierung der betroffenen Sehne, in schweren Fällen aber auch schon im Ruhezustand, schmerzhaft und verstärken sich bei Druck auf die betroffene Stelle. Schmerzausstrahlungen sind bei Sehnenansatzerkrankungen oftmals anzutreffen, sodass oft auch zusätzlich die naheliegenden Gelenke betroffen sind. Entzündungen der Sehnenansätze können infolge einer Arthrose oder einer rheumatischen Erkrankung entstehen, sind aber meist Über- und Fehlbelastungen zuzuschreiben. Sport- und arbeitsbedingte Überbelastung sind dabei in der Mehrzahl der Fälle für die Entzündung verantwortlich. Neben den Schmerzen und daraus resultierenden Funktionseinschränkungen können längere Entzündungen an den Sehnenansätzen zu Kalkablagerungen und damit zu einem Engesyndrom in der betroffenen Region führen.
Degenerative Sehnenerkrankungen (Tendopathien) sind zunächst nicht-entzündlich und auch auf Über- und Fehlbelastungen zurückzuführen. Diese sorgen für sogenannte Mikrorupturen, d.h. sehr kleine Risse, in den Sehnen. Wenn die dazu führenden Belastungen dauerhaft sind, können die feinen Risse nicht richtig abheilen und Kalkablagerungen bis hin zu Verknöcherungen sind die Folge. Die Verknöcherungen und Verkalkung können beim Röntgen sichtbar gemacht werden und somit dann eine eindeutige Diagnose gestellt werden. Infolge dieser Vorgänge kann es aber auch bei degenerativen Sehnenansatzerkrankungen zu Entzündungen kommen, wodurch sich dann auch meistens erst Schmerzen und Funktionseinschränkungen bemerkbar machen.
Schonhaltung einnehmen und
andere Bewegungsmuster erlernen
Die Wahl der Therapie ist abhängig von der Schwere und Ausprägung der Erkrankung und in welchem Maße sie Einschränkungen für den Betroffenen mit sich bringt. In der Regel wird zunächst versucht, mit sogenannten konservativen Therapiemethoden zu behandeln. Das heißt zum einen eine medikamentöse Therapie zur Schmerzbekämpfung und/oder physikalische Anwendungen. Dabei im Vordergrund stehen natürlich immer die Schonung der betroffenen Sehne und die zukünftige Vermeidung der Überbelastung. Dies erscheint vielleicht besonders bei berufsbedingten Belastungen, wie z.B. der Arbeit am Computer, schwierig, ist aber in der Regel durch Hilfsmittel und das Erlernen von Vermeidungsverhalten möglich.
Der Tennisarm ist ein Golferarm oder Mausarm
Bei einem sogenannten Tennisarm handelt es sich um eine Sehnenansatzentzündung (Epicondylitis) im Bereich des Unterarmes und der Hand an der streckenden Muskulatur. Verursacht wird der Tennisarm meist durch Überanspruchung. Seinen Namen verdankt er dem Umstand, dass er im Bereich Sport früher häufig bei Tennisspielern zu finden war, heutzutage aber eher bei Golfern auftritt. Ebenso oft wird er aber auch durch eine beruflich bedingte Fehl- bzw. Überbelastung, zum Beispiel bei Handwerkern oder Menschen, die viel am Computer arbeiten, hervorgerufen. Durch die vermehrte Nutzung von Computern und hierbei von der „Maus“ kommt es mittlerweile auch zu der analogen Diagnose „Mausarm“. Wie alle Sehnenansatzbeschwerden kann der Tennisarm äußerst schmerzhaft und langwierig und sogar chronisch werden. Oft können die Betroffenen Greifbewegungen nur noch schwer ausführen: Ein Handschlag zur Begrüßung, die Kaffeetasse fassen oder einen Stift benutzen, kann dann schwerfallen. Durch die schmerzhafte Entzündung kommt es bei den Betroffenen meist automatisch zu einer Schonhaltung, die Bewegungsfreiheit des Armes wird eingeschränkt. Da eine Schonung aber im Alltag nicht immer möglich ist, kann sich der Zustand durch Belastung wiederum verschlechtern. Das durchschnittliche Alter der Betroffenen liegt zwischen 35 und 50 Jahren. Sind die Betroffenen älter, ist die Ursache meist eine Arthrose im Ellenbogengelenk.
Die 10 Regeln
1. Beim Lesen, Handarbeiten, Fernsehen, Autofahren öfter eine Pause machen
2. Keine abrupte Drehbewegung des Kopfes – besser mit dem ganzen Körper drehen
3. Zugluft nicht an den unbedeckten Hals lassen – Schals und Kragen tragen
4. Beim Liegen kleines Kopfkissen, keine Bauchlage
5. Beim Laufen Kinn runter, beim Radfahren Lenker hoch
6. Nicht „über Kopf-Höhe“ arbeiten – besser Leiter oder Stuhl nehmen
7. Im Theater und Kino nicht in den ersten Reihen – besser hinten sitzen
8. Besser mit Strohhalm aus Büchse oder Flasche trinken
9. Nicht im Waschbecken die Haare waschen
10. Tägliche Halsmuskelübungen
Dr. Wolfgang Czichon / Arzt für Orthopädie
Chirotherapie, Osteopathie, Akupunktur,
spezielle Schmerztherapie, Sportmedizin, Präsident der DGMSM
Deutsches Facharzt-Zentrum,
Tel. 971 685 333 – www.dfz.es