Zu Zeiten, in denen Klimaanlagen noch nicht erfunden waren und Distanzen von Ort zu Ort per Eselskarren lange dauerten, freuten sich Menschen umso mehr über erholsame Pausen von anstrengender Landarbeit. Eine Rast bot sich an heißen Tagen unter schattigen Bäumen oder im Schutze steinerner Hütten an. Noch angenehmer – und daher auch gefragter – waren allerdings Gewölbe, die tatsächlich eine angenehme Kühle garantierten. Dieses erfrischende Rundumpaket boten die Keller von Orts- und Stadthäusern.
Treffpunkt für Landarbeiter
Die Wiege der „celler“ liegt in Inca. Die Gegend rund um die heute drittgrößte Stadt der Insel war, unter anderem, bekannt für Landwirtschaft und, nicht zuletzt, Weinanbau. Von den zahlreichen cellern profitierten die Menschen gleich mehrfach.
Zum einen trafen sich die Landarbeiter vor allem Mittags zum gemütlichen Plausch und einer deftigen Mahlzeit in erfrischender Umgebung. Zum anderen konnten Weine, aber auch Wurst- und Käseprodukte, in angenehmer Temperatur gelagert werden. Man saß buchstäblich an der Quelle.
Das alles machte die celler zu einem immer beliebter werdenden Treffpunkt für Bauern und Landarbeiter. Betreiber hingegen fanden eine hervorragende und zusätzliche Einnahmequelle, denn die gelieferten Waren wurden nicht mehr nur eingelagert, sondern konnten vor Ort – gegen geringe Gebühr – verköstigt werden.
Einer der traditionsreichsten celler in Inca ist Ca’n Ripoll. Das Gebäude im Herzen der Stadt wurde 1768 als Weinkeller gebaut und gehört mittlerweile zum Kulturerbe. Seit den 1940er Jahren werden dort Speisen serviert.
Die Betreiberfamilie Gual bringt mallorquinische Küche auf die Teller. Schnörkellos und überaus lecker. Gäste genießen im Gewölbekeller unter imposanter Deckenkonstruktion und zwischen alten Weinfässern. Längst hat man sich in Ca’n Ripoll nach außen orientiert. Im Sommer lädt ein hübscher Garten zum Verweilen und Genießen ein.
Ca’n Ripoll, Inca:
www.restaurantcanripoll.com
Familiär geht es auch im Celler Pagès in Palma zu – und das seit inzwischen drei Generationen. Das Restaurant wurde 1956 eröffnet und präsentiert die Küche der Insel mit kleinen aber feinen, modernen Einflüssen. Sopas, Frito mallorquín oder Reisspezialitäten gehören ebenso zum guten Geschmack des Hauses wie das beliebte Spanferkel oder saftige Rippchen.
Celler Pagès, Palma:
www.cellerpages.com
Beeindruckt von den celler-Lokalen der Insel war offenbar auch Antonio Mayol. In den 1950er Jahren entdeckte der gelernte Banker seine Begeisterung für die zünftige Gastronomie und baute ein altes Warenhaus im Stadtzentrum von Palma zu einem gemütlichen Restaurant um – ganz ohne Kenntnisse in Sachen Gastronomie. Es war die Geburtsstunde des „Celler Sa Premsa“, die bis heute eine echt Erfolgsgeschichte darstellt.
Der celler wird mittlerweile in dritter Generation betrieben. Gespeist wird in großen, offenen Räumen mit beeindruckenden, typischen Fässern und Flaschen.
In Sachen Küche geht es auch im „Sa Premsa“ überaus traditionell zu: Sopas und Reisegerichte werden durch ideenreiche Spezialitäten wie gefüllte Auberginen, Mandelkuchen und Mandeleis ergänzt. Man setzt auf slow food, gart langsam und in steter Reminiszenz an die Rezepte der Großmutter.
Celler Sa Premsa, Palma:
www.cellersapremsa.com
Eintauchen ins Landleben und die soziale Gemeinschaft eines mallorquinisches Dorfes und dazu die typisch mallorquinische Küche genießen, lässt sich ganz hervorragend im Celler de Petra. Um die Mittagszeit findet man, pünktlich zum Menu del día, kaum einen freien Platz. Es wird gegessen, getrunken, und von Tisch zu Tisch erfährt man das Neueste aus Dorf und Nachbarschaft. Der celler ist eine Art großes Wohnzimmer.
Die Speisen werden täglich frisch zubereitet, lokale Produkte stehen im Vordergrund. Ähnlich wie in einer Familie, die Rezepte von Generation zu Generation weitergibt, ist es auch im Celler de Petra: Man verarbeitet das Fleisch vor Ort, setzt auf individuelle Gewürzmischungen und auf diese Weise auf außergewöhnliche Aromen.
Angerichtet wird, trotz großen Ansturms, stets liebevoll – das Auge isst schließlich mit. Turbulent geht es allenfalls an den Tischen zu, wenn Neuigkeiten ausgetauscht oder auch Verträge bei einem Landwein und per Handschlag besiegelt werden.
Dass es stets gemütlich zugeht, dafür sorgt Besitzerin Magdalena Matas Riutort mit ihrer Familie. Die Speisen bereitet Küchenchefin Montse Monroig Matas zu. Frauenpower oder Dreamteam? Wen interessieren schon Bezeichnung, wenn es um Geschmack geht?
Celler de Petra, Petra:
www.restaurantesceller.com
Ein noch recht junges, aber nicht minder gemütliches Lokal im Stil eines cellers findet sich in einem historisch bedeutsamen Gebäude von Alcúdia. In dem Haus, erbaut 1594, verbrachte einst der mallorquinische Dichter und Schriftsteller Miquel Costa y Llobera seine Sommer. Seit 1983 begeistert das Familienrestaurant „Can Costa“ seine Gäste mit traditionellen, mallorquinischen Gerichten.
Man setzt auf saisonale Küche und verwendet regionale Produkte. Natürlich kommt bei soviel Tradition auch die Geschichte des Hauses nicht zu kurz: Ein kleines Museum zeigt zahlreiche Dekostücke aus der Historie.
Celler sind mehr als Restaurants. Sie sind ein Stück mallorquinisches Social-Media-Angebot – ganz analog, und mit viel Geschmack.
Ca’n Costa, Alcudia:
www.cancostaalcudia.com