Der Kumpeltyp im Haifischbecken
Anna-Maria Zimmermann, erlaube mir, dass ich bei Deinem doch recht jungen Alter sage, dass Du mittlerweile zum Inventar der Partyszene hier rund um el Arenal gehörst. Wie war denn dieser Sprung in die Höhle des Löwen?
Höhle des Löwen klingt gut. Jürgen Drews spricht auch gern vom Haifischbecken. Ich kann mich gut daran erinnern, als ich vor mittlerweile sechs Jahren hierher kam und meinen ersten Auftritt hatte, da kam er zu mir und sagte:"Ach, wieder so ein Mädchen… in diesem Haifischbecken schaffen es nur Männer" – Heute lache ich darüber und sage ihm gern: "Jürgen, ich bin immer noch da! Ich bin dran vorbeigeschwommen.“ Aber, mal ehrlich: Der Anfang war schon hart. Mallorca hat ein tolles Publikum, aber auch ein sehr ehrliches Publikum. Die Leute sind im Urlaub, sind angeschickert, haben meist etwas getrunken. Und, Du weißt ja: Kinder und Betrunkene sagen immer die Wahrheit. Und das kann dann schon mal passieren. Am Anfang hatte ich so viel Kribbeln im Bauch, das waren richtige Angstauftritte, immer mit dem Gedanken daran, ob die mich und das, was ich mache, denn auch mögen. Mittlerweile hat sich das natürlich gelegt. Jetzt macht es nur noch riesigen Spaß. Ganz ehrlich, ich würde das nicht seit sechs Jahren machen, wenn es mir noch so viel Spaß machen würde.
Anna-Maria, Du hast bei DSDS angefangen. Und viele Kritiker sagen immer, dort werden junge Sänger geschaffen, die nichtmal ansatzweise die harte Realität der Bühne kennen. Haben Dich die Auftritte hier auf Mallorca in irgendeiner Weise geformt?
Du schwebst ja auf Wolke 7 in dieser Show, das geht allen Kandidaten noch heute so: Tolles Fernsehen, tolle Artikel, und irgendwann ist das alles vorbei. Dann sticht jemand in die Seifenblase, und sie platzt. Du stehst da, und niemand kümmert sich mehr um Dich. Ich habe sehr schnell bemerkt, dass Du kämpfen musst, um weiterhin bekannt zu bleiben und die Karriere zu formen. Natürlich gab es auch Niederlagen, in denen ich mich gefragt habe, nicht wieder einem normalen Job nachzugehen. Ich hab mich aber immer wieder aufgerafft, war aber gleichzeitig Realist. Das bedeutet, ich hatte mir eine Frist gesetzt: Zwei Jahre. In dieser Zeit wollte ich versuchen, als Sängerin Fuß zu fassen. Irgendwann sage dann mein damaliges Management: „Komm, wir fliegen mal nach Mallorca.“ Der Probejob war ein voller Erfolg, und seitdem bin ich regelmäßig hier.
Was macht die Partysängerin Anna-Maria Zimmermann aus?
Ich bin schon eine Art Rampensau, ich bin aber auch ein Kumpeltyp. Natürlich gibt es Männer, die einem schöne Augen machen. Sie wissen aber auch, es gibt eine Grenze. Und die überschreiten sie nicht. Das ist sicher bei anderen Sängerinnen anders. Ich sag immer gern: Ich bin nicht 90-60-90, blond und vollbusig. Ich bin 1,80 groß und erfahre Akzeptanz, wenn ich sage: „Bis hierher und nicht weiter!“ Die Jungs verstehe das und wir feiern alle weiter. Ich denke, zu einer Partysängerin – nicht nur auf Mallorca – gehört dazu, eine Rampensau zu sein, nicht auf den Mund gefallen zu sein und Du musst einfach wahnsinnig viel Bock darauf haben. Ich muss in den Augen eines Künstlers erkennen, der macht das nicht nur, weil er das machen muss, sondern weil er drin aufgeht, weil er das lebt und Freude daran hat. Ich hoffe, dass man all das bei mir erkennt.
Du hast vorhin von den Niederlagen gesprochen. Vor einigen Jahren hattest Du einen tragischen Unfall, seitdem ist Dein Arm gelähmt. Hat Dich das geprägt?
Grundsätzlich bin ich natürlich weiterhin „die“ Anna, die ich auch vorher war. Aber ich bin, trotz oder gerade wegen der Lähmung noch selbstbewusster geworden. In den ersten drei Monaten nach dem Unfall hatte ich viel Panik, vor allem bezogen auf die Mallorcaauftritte. Das Aussehen war weg, der Arm gelähmt, viele Narben, ich hatte Zwifel, wie ich angeschaut würde. Und weißt Du was? Diese Probleme gab es auf Mallorca nie. Da kommen 16-jährige Bengels und sagen am Ende des Aufritts: „Wir finden es echt toll, dass Du weitermachst“. Erst konnte ich nicht glauben, dass man das ernst meint. Seitdem weiß ich, das Menschen gar nicht so oberflächlich sind, dass sie mitfühlen. So gesehen, hat mich die Bühne, hat mich mein Publikum in irgendeiner Weise mit-therapiert. Sie haben mir geholfen, an die „alte Anna“ anzuknüpfen. Ohne die Bühne und die Fans wäre ich heute nicht da, wo ich bin.
Das heißt, selbst hattest Du die Kraft gar nicht?
Nein, absolut nicht. Es waren die Familie, die Freunde und die Fans, die auf mich gewartet haben. Diese Kombination hat es letztlich ausgemacht. Ich war in diesem ersten halben Jahr nach dem Unfall nicht die Starke. Andere haben mir diesen Schubs gegeben. Und heute sage ich: Danke, dass ihr mich geschubst habt.
Du bist ja einerseits eine Partysängerin, speziell hier auf Mallorca, hast es aber auch geschafft, erfolgreich die Brücke zum deutschen Schlager zu bauen.
Stimmt, und dafür bin ich unendlich dankbar, dass man mir diesen Spagat zwischen Vollgas-Rampensau und Schlagersängerin ermöglicht. Natürlich passe ich mich an, ich kleide mich hier auf Mallorca anders, als bei einem Fernsehauftritt. Das ist aber auch das, was mir Spaß macht, immer wieder anders sein zu dürfen, die Möglichkeit zu haben, meine Facetten zu zeigen.
Sprechen wir mal über Mallorca, speziell die Playa de Palma. Da hat‘s ja im vergangenen Jahr einiges an Veränderungen gegeben. Viele deutsche Zeitungen schrieben von einem Partyverbot. Konkret ging es ja um ein Stück Seriosität, die in diese Gegend zurückkehren sollte. Wie denkst Du darüber?
In einer gewissen Art und Weise finde ich es gut, dass es ab jetzt Regeln gibt. Oftmals hatte ich den Eindruck, einige Leute landen hier, schalten den Kopf aus und fallen zurück in eine Art Kindheit. Wobei sich selbst Kinder nicht so verhalten würden. Man muss nicht fast nackt in den Lokalen sitzen, man muss nicht Kippen auf den Boden schmeißen oder herumspucken. Das sind alles Regeln, die ich sinnvoll finde. Und ich finde auch gut, dass die Polizei sie durchsetzt. Allerdings gibt es auch Verbote, wie das Eiemrsaufen am Ballermann 6. Mal ehrlich, das gibt’s seit 40 Jahren. Und viele kommen hierher und wollen einmal im Leben mit einem Sangriaeimer im Sand sitzen. Da sage ich, auf diese Gesetze könnte man verzichten. Lasst den Jungs doch ihren Spaß. Es gibt halt einige Regelungen, die ich durchaus nachvollziehen kann, andere wiederum, die ich nicht verstehe.
Viel bekommst Du während Deiner kurzen Aufenthalte nicht von Mallorca mit…
Stimmt, und ich muss sagen, es ist schade, denn Mallorca ist richtig schön. Auch die Playa ist in den letzten Jahren echt toll geworden, neue Lokale, mallorquinisches Flair. In der letzten Januarwoche war ich mit meinem Mann hier. Wir haben uns ein Cabrio gemietet und sind bei herrlichem Wetter über die Insel gedüst: Fornalutx, Sóller, Andratx… herrlich. Ich kann nur jedem empfehlen: Macht das! Maximal zwei Stunden Flugzeit von Deutschland, dann Mietagen und ab über die Insel. Es ist einfach nur schön!