Erst Alice Weidel, nun Nancy Faeser – Urlaub auf Mallorca scheint immer eine Schlagzeile wert. Hatte die fluchtartige Reise der AfD-Chefin klar einen hohen Nachrichtenwert – immer noch nicht wurde um sie und Chrupalla alles geklärt – so ist die Frage bei der SPD-Innenministerin, was das Steigenberger Hotel in Camp de Mar auf Mallorca denn nun vom Dorint in Titisee-Neustadt unterscheidet, und was an der Sache eigentlich berichtenswert war.
„Deutschland geht den Bach runter, Faeser geht baden!“ titelte die Bild-Zeitung mit Ausrufezeichen. Nicht alle sahen es so wie das Blatt von Johannes Boie, das vor ziemlich genau einem Jahr „Putin-Raketen auf Polen“ niedergehen ließ, als schon feststand, dass es sich um ukrainische „Irrläufer“ handelte.
„Ministerin auf Mallorca: Lasst Nancy Faeser doch urlauben!“, titelt nun selbst das Springer-Schwesterblatt „Welt“. „Nancy Faeser urlaubt auf Mallorca – gut so!“, meint die Schweriner Volkszeitung. „Dürfen Spitzenpolitiker Urlaub machen?“, hinterfragt der Stern „zeitkritisch“, während andere die Ministerin kritisieren, und die sozialen Netzwerke über „Flip-Flop-Faeser“ toben.
Rücktrittsforderungen wegen des Urlaubs kommen von neurechten Medien wie „Junge Freiheit“ und „Tichys Einblick“ (durchaus ernstzunehmend) – oder indirekt auch von Zeitungen auf Mallorca wie dem „Mallorca Magazin“, in dem sich Inselfreund und FDP-Mann Wolfgang Kubicki ausführlich über seine Koalitionspartnerin Faeser auslassen durfte.
Immerhin ein legitimer Ansatz, im Dauerstreit der Ampel ein wenig mitsticheln zu wollen und dem Auslaufmodell Kubicki vor dem anstehenden Ruhestand (auf Mallorca?) mal wieder eine Bühne zu bieten. Bekanntlich spielen manche Journalisten ja gerne selbst Politiker – und dürfen das vielleicht auch ein Stück weit, wenn es nicht gerade um den 3. Weltkrieg geht. „Bundesinnenministerin Nancy Faeser auf Mallorca: ein Fall von Urlaubshäme“, schreibt dagegen die Mallorca Zeitung von linksliberaler bzw. ökosozialistischer Warte aus gesehen, aber diesmal ganz ohne die sonst übliche „Flugscham“.
In der Tat hat Nancy Faeser bei der Hessen-Wahl, beim Thema Migration oder bei bei den Reichsbürger-Razzien nicht unbedingt eine gute Figur gemacht. Dass sie wegen Mallorca vom Kanzler aus dem Amt gejagt wird wie einst Rudolf Scharping nach dem Pool-Plantschen mit der Gräfin Pilati und den Fotos in der „Bunten“ im Jahr 2002, ist allerdings nicht zu erwarten.
Bei der Antwort auf unfähige Politiker hat in Deutschland jedoch auch noch der Bürger – respektive die Bürgerin – ein Wörtchen mitzureden. Quittiert wird die Performance der Parteien-Landschaft aktuell mit 14 Prozent Umfragewert für das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ in der Sonntagsfrage.
Aber vielleicht würde uns allen etwas mehr Gelassenheit ganz gut tun. Auf Spanisch war der Aufenthalt von Nancy Faeser im Gegensatz zu dem von Alice Weidel übrigens kein Thema für Mallorcas Zeitungen. Foto: Wikimedia Commons / BerthasEnkel