Deutschland befindet sich (nicht nur) gastronomisch in einem Tief, während auf der Insel die Kochkunst im Zenit steht. Wo sich das anspruchsvolle Publikum bevorzugt trifft
Kann man nur noch im Ausland vernünftig essen gehen? Diese Frage stellen sich die Deutschen spätestens seit Fachkräftemangel, Energiekrise und Mehrwertsteuererhöhung in der Gastronomie von 7 auf 19 Prozent – entgegen aller Versprechungen von Kanzler Scholz. Viele Schweizer handhaben es ja bereits länger so, dass sie zum feinen Dinieren oder gutbürgerlichen Sonntagsessen lieber die Grenze überqueren, sind die Frankenpreise doch schon seit Jahrzehnten noch höher als im „großen Kanton“. Wer ohnehin eine Dépendance auf Mallorca in Form einer Zweitimmobilie besitzt, wird also zu schätzen wissen, dass die Gastronomie auf der Insel längst ein international beachtetes Niveau erreicht hat und nach dem Ende der Corona-Krise noch weiter aufblüht. Top-Locations mit und ohne Michelin-Stern locken das Publikum allenthalben.
Das malerisch gelegene Luxushotel Castell Son Claret im Südwesten der Insel hat für 2024 einen Stern im Restaurant Sa Clastra mit dem einheimischen Küchenchef Jordi Cantó errungen. An der gleichen Wirkungsstätte kochte bis 2020 der Michelin-Veteran Fernando Pérez Arellano, der mittlerweile mit dem „Zaranda“ im Hotel El Princep in Palma ansässig ist. Den deutschen Milliardär und Hotelbesitzer Klaus-Michael Kühne dürfte es freuen, dass sein Castell Son Claret im Dörfchen Es Capdellà oberhalb von Calvià wieder mit den offiziellen Würden des Guide Michelin glänzen kann. Hervorragend gekocht wurde dort aber auch schon zuvor: Der 34-jährige Jordi Cantó ist ein Schüler von Fernando Pérez Arellano, womit sich der kulinarische Mallorca-Zirkel geschlossen hätte. Ebenfalls unter dem Dach von Kühne: Das Zweitlokal Olivera im Castell Son Claret sowie das Schwesterhotel The Fontenay in Hamburg.
Der gefeierte Fernando Pérez Arellano hatte 2020 zwischenzeitlich komplett seine beiden Michelin- Sterne verloren, da sich inmitten von Lockdowns die Wege trennten. Ein Jahr später holte er am neuen Standort im Hotel Es Princep in Palma wenigstens wieder einen seiner Sterne zurück. „Zaranda“ lautet immer noch der Name seines Restaurants, das auch schon in Madrid sowie im ehemaligen Hilton-Hotel auf Mallorca beheimatet war – jeweils mit Stern.
Noch besser (laut Michelin) kocht auf der Insel eigentlich nur Alvaro Salazar, der seit 2021 mit dem zweiten Stern im Restaurant Voro im Cap Vermell Grand Hotel bei Canyamel im Nordosten am Start ist. Trotzdem schlägt das kulinarische Herz der Insel eher rund um die Inselhauptstadt. Das liegt nicht zuletzt an der deutschen Unternehmensgruppe Schörghuber, die auf Mallorca gleich drei Hotels mit Gastronomie betreibt. Die Rede ist vom St. Regis Mardavall in Costa d´en Blanes, vom Castillo Hotel Son Vida und vom ebenfalls in Palmas Villenviertel Son Vida gelegenen Sheraton Arabella Golf Hotel. Auch der Golfplatz Son Vida gehört der Schörghuber-Gruppe (u.a. Paulaner).
Das Sternelokal Es Fum mit Spitzenkoch Miguel Navarro befindet sich standesgemäß im Mardavall-Hotel, wo seit 2023 aber auch der „Mar Sea Club“ und seit 2022 das Restaurant Terra mit Küchenchef Markus Wonisch das Angebot ergänzen. Auch nicht zu verachten: Golf-Locations wie die Bodega del Green im Sheraton Arabella. Von Tapas bis zum vollwertigen Menü gibt es hier alles auf hohem Niveau – und Tische sind leichter zu bekommen als in der Sterne-Gastronomie. Lange braucht auf Mallorca niemand nach Luxus suchen.