Die Fans auf Mallorca und in der Heimat konnten zufrieden sein: Zwischen Spanien und Deutschland war das 1:1 am 1. Advent 2022 wohl eines der wohl schönsten Unentschieden in der Fußball-Geschichte. Die Tore von Morata (62.) und Füllkrug (82.) sorgten in Public-Viewing-Locations wie dem Bierkönig an der Playa de Palma für Unterhaltung und lassen für beide Teams viele Möglichkeiten auf ein langes und erfolgreiches Turnier offen.
Kein Wunder, dass sich Spanier und Deutsche nach dem Schlusspfiff gegenseitig beglückwünschten und auf die Schultern klopften. WM-Stimmung auf Mallorca entsteht allein dadurch, dass viele Balkons mit Fahnen geschmückt sind. Public Viewing gehört – frei nach Jürgen Klinsmann – sozusagen „zur Kultur“ und findet in aller Regel in der Kneipe an der Ecke statt. Bei Temperaturen von teilweise bis zu 20 Grad ist Pay TV Ehrensache für die Wirte, so dass hartgesottene Fans auch ohne eigenes Abo kein einziges Spiel zu verpassen brauchen.
Dem Fahnenmeer tut auch die Tatsache kein Abbruch, dass manche der Katalanisch sprechenden Insulaner die spanischen Farben als böses Symbol eines vermeintlich übermächtigen Zentralstaats deuten wollen. Zumindest in Zeiten von WM und EM gibt es für das Zeigen eigentlich (fast) immer Absolution von woker Seite.
Wenn an der Privatschule La Salle in Palma de Mallorca nun ein erbitterter Flaggenstreit zwischen Oberstufenschülern und einer Katalanisch-Lehrerin entbrannt ist, entlockt das internationalen Gästen eher ein Lächeln. Allerdings hat sich sogar Balearen-Präsidentin auf Seiten der Lehrerschaft in den Streit eingeschaltet. Zuvor soll es rechtsextreme Beleidigungen von Außenstehen gegeben haben. Den Schülern ging es eigentlich nur darum, die spanische Fahne bei der WM durchgehend hängen zu lassen – nicht nur an den Spieltagen. Rektorat und Lehrerin sahen es anders.
Zurück zum deutschsprachigen Public Viewing: Fußball-Begeisterte treffen sich ebenfalls in der Kneipe, an der Leinwand im Hotel oder aber im Bierkönig an der Playa de Palma, der 365 Tage im Jahr geöffnet hat und zum Jahreswechsel sogar eine Silvesterparty mit Peter Wackel organisiert. Statt tausende Zuschauer wie sonst im Juni kamen zum Spiel zwischen Deutschland und Spanien immerhin ein paar hundert.
Zwar waren sich die Fans an einem kühlen Abend nicht so recht einig, ob man nun T-Shirt oder Anorak tragen soll, doch lautet das Ergebnis definitiv 1:0 für Mallorca. Schließlich wird auf den allermeisten deutschen Weihnachtsmärkten ganz auf das Public Viewing verzichtet, und auch Gastronomen in Mitteleuropa halten die WM in Katar eher flach. Wer Stimmung mit anderen Fans statt Gemütlichkeit daheim im Wohnzimmer erleben will, der kann ja nach „Malle“ fliegen. Nächster Termin: Donnerstag, 1. Dezember, 20 Uhr, Deutschland gegen Costa Rica. Der Kneipier an der Ecke freut sich übrigens auch über den Besuch von Residenten, und Fußball ist super, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Im Idealfall also völkerverbindend…