Es schlug wie eine Bombe ein: Andalusien hat zum Jahre 2023 die Vermögensteuer (Impuesto sobre el Patrimonio) abgeschafft. Dies war möglich, nachdem die konservative PP kürzlich einen fulminanten Wahlsieg und die absolute Mehrheit errungen hatte. Damit ist Andalusien nach Madrid die zweite Autonome Region in Spanien, in der es keine Vermögensteuer mehr gibt.
Man geht davon aus, dass auch Kastilien-León die Vermögensteuer senken oder abschaffen wird. Hauptgrund der Abschaffung der Vermögensteuer in Andalusien war nach Aussage des Ministerpräsidenten Juan Manuel Moreno Bonilla der Wille, „die Abwanderung von Investoren und Vermögenden nach Madrid zu verhindern und „die Abwanderung betuchter Menschen umzukehren“. Die derzeit regierende Balearen-Regierung ließ sogleich verlauten, dass für die Inseln keine Überlegungen bestünden, die Vermögensteuer ebenfalls abzuschaffen. Die Abschaffung der Vermögensteuer in Madrid und Andalusien sei ein „Wirtschaftsdumping“ und „unlauterer Wettbewerb der Autonomen Regionen untereinander. „Keine Überlegungen“ auf den Balearen, die Vermögensteuer abzuschaffen, ist falsch, denn die zur Zeit in der Opposition befindliche PP, die sich Hoffnungen auf einen ähnlichen Wahlsieg der Konservativen wie in Andalusien macht, will sehr wohl auch für die Balearen die Vermögensteuer abschaffen.
Was spricht für eine Vermögensteuer, was dagegen? Zunächst einmal: Die Vermögensteuer wird in fast allen OECD-Staaten als systemwidrig angesehen, weil sie eine reine Substanzsteuer ist und auf Vermögen fällig wird, das bereits einmal versteuert, nämlich mit Einkommensteuer, Erbschaft- oder Schenkungsteuer belegt wurde. Dies wird von vielen nicht nur als systemwidrig, sondern als ungerecht empfunden.
Das Argument der Linken, man brauche die auf den Balearen jährlich eingezogene Vermögensteuer in Höhe von 68 Millionen Euro, um staatliche Aufgaben zu erfüllen, ist nicht wirklich ein Gegenargument, zumal diese Einnahmen auch noch durch die Erhebungskosten reduziert werden und noch nicht einmal die Hälfte der Einnahmen aus der Ökosteuer ausmachen. Mit ihrem Festhalten an der Vermögensteuer zeigt die Balearen-Linksregierung auch, dass es ihr an wirtschaftlichem Sachverstand fehlt.
Die Konservativen in Madrid, Andalusien und Kastilien-León haben dagegen verstanden, dass sich die Vermögensteuer als Investitionshindernis erweist. Viele vermögende Ausländer wollen in Spanien und besonders auf den Balearen investieren und zugleich ihren Lebensmittelpunkt begründen. Tun sie das, unterliegt plötzlich ihr gesamtes Weltvermögen der spanischen Vermögensteuer (das in Spanien investierte Vermögen ist sowieso dort zu versteuern). Und damit mindert sich ihr Vermögen, egal wie die Wirtschaft läuft, ab einem Vermögen von 10 Millionen Euro um jährlich 3,5%. Das hindert viele ausländische Investoren, ihren Lebensmittelpunkt z.B. auf die Balearen zu verlegen. Dadurch entgehen aber dem spanischen Fiskus Millionenbeträge, die die Einnahmen aus der Vermögensteuer sicherlich weit übersteigen.
Nur beispielhaft seien als Mindereinnahmen genannt: Steuern und Gebühren als Kaufnebenkosten des Immobilienerwerbs zwischen 10% und 15%, jährliche Einkommensteuern für die Immobilie, jährliche Grundsteuern. Weiter wären diese Investoren herausragende Arbeitgeber in der Bau-, Handels- und Dienstleistungswirtschaft und auch Konsumenten in all diesen Wirtschaftsbereichen. Auf diese Einnahmen wollen die Autonomen Regionen, die die Vermögensteuer abgeschafft haben, nicht verzichten und pfeifen auf die Einnahmen aus der Vermögensteuer. Madrid hat`s vorgemacht und ist deshalb die erfolgreichste, prosperierendste Autonome Region Spaniens. Wer diese Hintergründe und Zahlenspiele nicht kennt, ist natürlich leicht von Politikern einzufangen, die sich Umverteilungstheorien auf die Fahnen geschrieben haben und damit Stimmen fischen wollen. In diesem Zusammenhang sind auch die Pläne der linken Zentralregierung zu sehen, die „Reichen“ mit einer zusätzlichen Reichensteuer in Höhe von 1% zu belasten. Entschiedener Fürsprecher der Abschaffung der Vermögensteuer ist auch der verband der Ökonomen und Steuerberater (REAF) Spaniens. Auf der Letzten Versammlung in Madrid erklärte ihr Präsident Valentín Pich: „ Es erscheint nicht vernünftig, dass unser Land auf die Beibehaltung der derzeitigen Form einer Steuer wie die Vermögensteuer besteht, die die Anziehung und den erhalt von Talenten und Ersparnissen behindert und übermäßige Gerechtigkeitsverzerrungen in unser Land einführt“. Spitzenkandidatin der Konservativen auf den Balearen ist Marga Prohens. Sollte sie die Wahl 2023 gewinnen, hat sie Steuersenkungen in Höhe von 200 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Weiter sind Gesetze zur Aufhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer in der Planung. Im Mai 2023 finden auf den Balearen Wahlen statt. Sofern Sie wahlberechtigt sind, kann Ihre Stimme entscheiden, ob auch auf den Balearen die Vermögenssteuer und wahrscheinlich die Erbschafts- und Schenkungssteuer abgeschafft werden – oder nicht.
Lutz Minkner blickt auf eine 45 jährige berufliche
Tätigkeit als Rechtsanwalt, Dozent, Fachbuchautor und Unternehmer zurück. Seit 1984 ist er Gründer, Partner und Geschäftsführer des Immobilienunter-
nehmens Minkner & Partner,