Aber Hallo – Nachtschatten über Gewächsen
Wenn Vaterlandsliebe zum Tomatenkrieg führt
Was einst unter der Erde für Diskussionsstoff sorgte, wächst sich inzwischen aus. Und zwar auf Regionen oberhalb des fruchtbaren Bodens. Es geht um Tomaten und um Spanien und Frankreich. Zwischen beiden Staaten ist nämlich ein Tomatenkrieg ausgebrochen. Ségolène Royal ist Frankreichs ehemalige Umweltministerin. Sie hat der spanischen Tomate einen gehörigen verbalen Dämpfer verpasst: Sie seien „ungenießbar“ und „fake bio“. Spanische Tomaten hätten einfach nichts in französischen Regalen verloren.
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez konterte: Royal habe offenbar noch nie eine spanische Tomate probiert. Sie seien einfach „unschlagbar“. Nun könnte man die Geschichte auf eine reine Geschmacksfrage herunterbrechen. Doch hinter dem Tomatenzoff steckt weit mehr als Staatsraison und Vaterlandsliebe.
Tatsächlich geht es um Kohle bei den Tomaten, nämlich um Marktanteile und EU-Subventionen. Denn eines haben spanische und französische Tomaten gemeinsam: Sie kennen keine Sonne. Das mag verwundern, doch die Tomaten wachsen in bilateraler Harmonie praktisch unbefleckt in Gewächshäusern. Das mag auch geschmacklich zu einer unverkennbaren Übereinstimmung führen.
Dass spanische Tomaten aus französischen Regalen wirklich anders schmecken, liegt weder am Regal noch an der Tomate selbst, sondern schlichtweg am Transport. Spanische Tomaten werden gekühlt. Und bei Temperaturen unter 13 Grad Celsius verliert jede Tomate nicht nur die Laune, sondern eben auch einen Teil ihres Geschmacks. Zudem gedeiht über dem zarten Kern eine harte Schale. Künstliche Bewässerung und das vehement verfolgte Ziel gleichzeitiger Reife sorgt für das Übrige.
Nun könnte man auf Tomaten aus Italien setzen. Dort werden sie gerne in Konserven verpackt. Wäre nicht schlimm, wenn, ja wenn die italienischen Tomaten nicht zu 80 Prozent aus China kämen. In Italien erhalten sie dann das landeseigene Gütesiegel. Und so fällt am Ende ein dunkler Nachtschatten über das rote Gewächs – ganz gleich, woher es kommt.