Auf der ehemaligen Verbindungsstraße Ma-15 E von Palma nach Manacor kommt man an Algaida vorbei. An einem Kreisverkehr am Ortsrand liegt ein typisch mallorquinisches Lokal mit traditionellen Gerichten und üppigen Menüs. Wir wollen an dieser Stelle allerdings weniger über die Küche als vielmehr über den ausgefallenen Namen des Restaurants sprechen: „Es 4 Vents“ – die vier Winde. Die haben nichts mit Speisen zu tun, sind aber ein wichtiges Stück Mallorca.
Treffpunkt der Winde
Die stürmische Bezeichnung geht auf ein meteorologisches Phänomen zurück, das vor allem auf der Halbinsel Formentor im Norden Mallorcas spürbar ist. Die Einheimischen nennen die Landzunge auch „Treffpunkt der Winde“.
Gemeint sind die vier Windarten Tramontane, Ponient, Migjorn und Llevant, die hier, abhängig von der Jahreszeit, auf Land treffen. Doch damit nicht genug. Die Winde waren in alten Zeiten für die Landwirtschaft und die Fischerei der Insel von großer Bedeutung. Denn Wetterdienste gab es noch nicht. Man musste sich auf Beobachtungen verlassen.
Je nachdem, welcher Wind wehte, konnten sich die Bauern oder Fischer auf die Wetterentwicklung einstellen. Die stürmischen Lüftchen brachten Regen, Hitze, Kälte, deuteten auf nahende Unwetter oder Trockenheit hin. Viele ältere Inselbewohner können noch heute das Wetter anhand der Windverhältnisse voraussagen.
Abseits der genannten und bedeutenden Winde gibt es übrigens noch die schwächeren Ableger: Gregal, Mestral, Llebetx und Xaloc sind als „kräftige Lüftchen“ bis heute ebenso prägend für die Wetterentwicklung auf Mallorca. Doch nicht nur fürs Wetter. Auffallend ist, dass drei Namen der großen Winde den Bezeichnungen von Landschaftszonen auf Mallorca entsprechen. Die Ursprünge hierfür liegen aber nicht auf der Insel.
Der Wind aus den Bergen
Die Tramontane weht vor allem an der französischen Mittelmeerküste. Es handelt sich um einen Fallwind, der bei hohem Luftdruck nordwestlich des Massif Central und der Pyrenäen und niedrigem Luftdruck am Golf von Lyon entsteht. Vermutet wird, das der Name „Tramontane“ aus dem Lateinischen „trans montana“ entstanden ist und somit nichts anderes als „über das Gebirge“ bedeutet.
Da der Wind in seiner ursprünglichen Bedeutung aus Norden und Nordwesten weht, lag der Name für die Gebirgskette der Insel Serra de Tramuntana nah.
Die Berge teilen Mallorca übrigens in zwei bedeutende klimatische Gebiete: Der Norden der Insel wird durch den kühleren Mistral beeinflusst, die Mitte und der Süden hingegen ist spürbar milder. Weht der Mistral aus der Tramuntana, ist das ein Zeichen aufkommender Stürme.
Warmes Lüftchen aus Westen
Der Poniente ist ein Westwind, vornehmlich an der südspanischen, aber auch nord-marokkanischen Küste. Es handelt sich um einen leichten, aber kühlen Wind vom Meer.
An der spanischen Ostküste und auch auf den Balearen ist der Wind allerdings etwas wärmer als üblich, da er sich bei Überqueren der iberischen Halbinsel langsam aufheizt. Dort tritt er vor allem als warmer, teils heißer Sommerwind auf.
Surfer setzten auf Levante
Sein Gegenspieler ist der Levante, ein warmer Wind aus Osten, der teils kräftig wehen kann. Er entsteht vornehmlich im westlichen Mittelmeer zwischen Spanien und der Küste Nordafrikas. Der Levante tritt das gesamte Jahr über auf, besonders häufig jedoch zwischen Mai und Oktober. Beliebt ist der Levante bei Surfern und Kite-Surfern, insbesondere an der Costa de la Luz zwischen Tarifa und Cádiz.
Niederschläge aus Süden
Bleibt noch der Migjorn, der die gleichnamige Landschaftszone prägt. Dieser Wind weht aus Süden und bringt, neben Wärme, auch stets Niederschläge auf die Insel. Aus diesem Grund siedelte sich im Gebiet Migjorn auch viel Landwirtschaft mit Getreideanbau und Viehzucht an. Man konnte sich stets auf eine ertragreiche und gesunde Mischung aus Sonne und Regen verlassen.
Bewusstsein für Nachhaltigkeit
Der kleine Ausflug in die Meteorologie Mallorcas zeigt, wie eng verbunden klimatische Bedingungen und Landschaftszonen auf der Insel sind. Alles hängt voneinander ab. Umso wichtiger ist es, auch künftig die Bedingungen so wenig wie möglich zu beeinflussen. Daran kann jeder teilhaben, der nach Mallorca kommt, ganz gleich, ob als Urlauber oder Resident.
Natürlich kann der Mensch auf einer vergleichsweise überschaubaren Insel das weltweite Klima nicht in seiner Komplexität und Gesamtheit beeinflussen. Doch es sind die Kleinigkeiten, wie Nachhaltigkeit in allen uns möglichen Bereichen, die für Beständigkeit im Großen und Ganzen sorgen. Auch und gerade beim Klima.