Mallorcas andere Spitzenküche
Was der „grüne Michelin-Stern“ zu bedeuten hat – und warum gut Essengehen auf Mallorca auch anders als kostspielig geht.
Deutschland in Zwist und Niedergang mit Abgabenerhöhungen, unter denen gerade auch Gastronomie und Lebensart zu leiden haben – Mallorca zumindest kulinarisch voll auf der Höhe, so die Lage Anfang 2024.
Dass es wenig mit Nachhaltigkeit zu tun haben dürfte, sondern lediglich die Produktion von gesunden und natürlichen Lebensmitteln verteuert, wenn selbst Öko-Landwirte von Steuervergünstigungen bei Agrardiesel und KfZ-Steuer abgeschnitten werden, dürfte für jeden auf der Hand liegen.
Summieren sich LkW-Maut, CO2-Abgaben und andere Graumsamkeiten im Schnitt auf den Gegenwert einer allgemeinen Mehrwertsteuererhöhung um vielleicht 1,5 Prozentpunkte, so ist die Gastronomie gleich doppelt oder dreifach betroffen. Gerade wer in der Küche vor Ort gekaufte hochwertige Bio-Ware verwendet, wird mit einer Preiserhöhung im Takt der Mehrwertsteuer von 7 auf 19 Prozent bei Weitem nicht hinkommen. Alles in allem genommen droht in vielen Fällen wohl eher ein Inflationsschock von 7 Prozent auf über 25 Prozent indirekte Abgaben – steigende Energiepreise noch gar nicht mitgerechnet, ist doch in Deutschland seit Anfang Januar kaum noch ein Stromtarif mehr unter 30 Cent pro Kilowattstunde zu bekommen.
Mallorca hat in dieser Hinsicht gut lachen: Die Mehrwertsteuer im Restaurant bleibt moderat bei 7 Prozent, Grundnahrungsmittel sind bis Mitte des Jahres zur Krisenbewältigung teilweise sogar auf 0 Prozent reduziert. Auf diese Art präsentiert sich die Insel nicht nur sozial, sondern auch nachhaltig – sogar in der Spitzengastronomie, was der Guide Michelin seit einigen Jahren mit dem „grünen Stern“ für besonders bewusst, lokal und umweltfreundlich arbeitende Lokale honoriert.
Ein normaler Michelin-Stern ist dafür keine Voraussetzung, auch andere haben die Chance auf die Auszeichnung. „Das Thema wird immer wichtiger für die Redaktion“, meinte auch die Michelin-Präsidentin für Spanien bei der Sterne-Gala Ende November in Barcelona. 49 „grüne Michelin-Sterne“ gibt es im Land insgesamt, vier davon auf Mallorca und damit überdurchschnittlich viele in Bezug auf die Einwohnerzahl.
Solivellas-Schwestern
Mit von der Partie sind nun auch die Schwestern Maria und Teresa Solivellas vom Restaurant Can Na Toneta in Caimari in der Inselmitte. Bio- und Naturprodukte aus dem eigenen Nutzgarten spielen bei den Öko-Pionierinnen schon lange die Hauptrolle. Maria Solivellas war auch eine der Vorreiterinnen der Slow-Food-Bewegung auf Mallorca und setzt sich für Dinge wie historische Mehlsorten oder das mallorquinische Paprikapulver „Tap de Cortí“ zum Würzen ein.
Ebenfalls neu von Michelin in Grün belobigt wird der reguläre Sternekoch Benet Vicens vom Restaurant Bens d’Avall an der Küstenstraße zwischen Sóller und Deià – dem eigenen Kräutergarten rund ums Haus sei Dank. Außerdem arbeitet die Familie Vicens eng mit Bauern aus der Umgebung zusammen und pflegt einen Stil mit vielen vor Ort produzierten Inselprodukten. „Lokal“ ist bekanntlich schon lang das neue „Öko“.
Eine bodenständige Philosophie, die auch von Macarena de Castro (Port d’Alcúdia) und von Andreu Genestra in seinem gleichnamigen Restaurant im Zoetry Hotel bei Llucmajor (ehemals Hilton) gepflegt wird. Nach dem Umzug vom Landhotel Predi Son Jaumell bei Capdepera findet Genestra auf dem weitläufigen Gelände im Süden der Insel nun ideale Bedingungen für Köstlichkeiten aus dem eigenen Garten vor. Michelin dankt es sowohl ihm als auch Macarena de Castro mit der Auszeichnung in Grün zusätzlich zum normalen Michelin-Stern.
Und wer nicht ganz so tief in die Tasche greifen kann oder will, wie es in der Spitzengastronomie nun einmal üblich ist, der halte sich bei Michelin an das Label „Bib Gourmand“. Früher stand es einmal für ein Preis-Leistungs-Verhältnis mit Mittagsmenüs für etwa 35 Euro. Das war allerdings vor den jüngsten Lockdowns, Kriegen, Inflations- und Energiepreisschüben. Genannt werden auf Mallorca in dieser Kategorie Ca’n Boqueta in Sóller und Miceli in Selva (Reservierung in beiden dringend zu empfehlen). Als kleinen Ritterschlag darf man es übrigens durchaus empfinden, überhaupt vom Guide Michelin genannt zu werden – ohne gleich über einen Bib Gourmand, einen grünen oder weißen Stern zu verfügen.
Michelin-Tipps mal ohne Stern
Ca'n Boqueta, Sóller (Bib Gourmand)
Miceli, Selva (Bib Gourmand)
Schwaiger Xino's, Palma
Arrels by Marga Coll, Illetes
Sumaq, Palma
El Txoko de Martín, Palma (Santa Catalina)
La Vieja by Jonay Hernández, Palma
Quadrat, Palma (Hotel Sant Francesc)
La Bodeguilla, Palma
Aromata, Palma
Stagier, Palma
La Fortaleza, Cala Blava (Hotel Cap Rocat)
Joan Marc, Inca
Sa Pleta by Marc Fosh, Canyamel (Hotel Sa Pleta de Mar)
Can Simoneta, Canyamel (Hotel Can Simoneta)
DaiCa, Llubí
Kairiku, Campos (Hotel Sa Creu Nova)
Tess de Mar, Campos (Hotel Sa Creu Nova)
Port Petit, Cala d´Or
Laudat, Santanyí
Terrae, Port de Pollença
365 Restaurante bei Pollença (Hotel Son Brull)
Es Canyis, Port de Sóller